Archiv 2020 - Evangelische Medienzentrale

Evangelische Medienzentrale

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Film des Monats Dezember

Verleih: barnsteiner-film

Vater - Otac (Otac)

Der Tagelöhner Nikola macht sich von seinem Wohnort zu Fuß auf den Weg nach Belgrad. Das sind 300 Kilometer. Ausgerüstet ist er mit einer Flasche Wasser und einem Kanten Brot. Beim zuständigen Ministerium will er die Rückgabe seiner Kinder einfordern, die ihm das Jugendamt weggenommen hat, nachdem seine Frau aus Verzweiflung über die Armut ihrer Familie vor den Augen der Arbeitgeber ihres Mannes einen Selbstmordversuch unternommen hat. Dass er auf diesem Weg, trotz aller Entbehrungen, nicht verhungert und nicht der Gewalt zum Opfer fällt, sondern auf unerwartete Weise von anderen Menschen Hilfe erfährt, das liegt an seiner Art, ihnen zu begegnen. Ohne viele Worte, ohne Feindseligkeit, aber auch ohne Unterwürfigkeit, setzt Nikola seinen Weg Schritt für Schritt fort. Selbst die Wölfe, auf die er trifft, wittern in ihm einen außergewöhnlichen Menschen und lassen ihn unbehelligt. So erreicht Nikola seinen Zielort und wird sogar im Ministerium empfangen. Zugleich verfehlt er sein eigentliches Ziel, denn bei der Rückkehr in seinen Heimatort schert sich die zuständige Behörde nicht um die Anweisung aus der Hauptstadt. Das Ende bleibt nichtsdestotrotz offen.
Dass dieser Film, der ohne Musik und ohne dramatische Höhepunkte auskommt, den Zuschauer dennoch auf seine Weise in Atem hält und fesselt, das ist dem Hauptdarsteller, Goran Bogdan, zu verdanken, vor allen aber dem Drehbuch und der Regie, die viele gängige Erwartungen unterlaufen und Klischees vermeiden. Am deutlichsten wird dies, als Nikola nach Hause zurückkehrt, nur um sein Haus von den Nachbarn ausgeplündert vorzufinden, worauf er auf eine völlig unerwartete Weise reagiert. Allein schon diese Szene macht diesen Film des Drehbuchautors Ognjen Svilicic und des Regisseurs Srdan Goubovic sehens- und empfehlenswert. Einen Film, der nachdrücklich zeigt, dass es auch im Zeitalter der digitalisierten Effekte möglich ist, mit einfachen Mitteln nachhaltig wirkende Geschichten zu erzählen und eindrucksvolle Bilder zu gestalten.

Film-Credits: Serbien, Kroatien, Deutschland, Frankreich 2020 - Produzent: Jelena Mitrovic, Cedomir Kolar, Alexander Ris, Marc Baschet, Danis Tanovic, Boris T. Matic, Lana Matic, Danijel Hocevar, Amra Bakšic Camo, Adis Djapo - Regie: Srdan Golubovic - Drehbuch: Srdan Golubovic, Ognjen Svilicic - Kamera: Aleksandar Ilic - Schnitt: Petar Markovic - Musik: Mario Schneider - Darsteller: Goran Bogdan, Boris Isakovic, Nada Sargin - Verleih: barnsteiner-film; Dorfstr. 15, 24361 Klein Wittensee, Tel.: 04356 996568-0, Fax: 04356 996568-2, dispo@barnsteiner-film.de, www.barnsteiner-film.de - FSK: 12 - Kinostart: 03.12.2020
 

Film des Monats November

Verleih: MFA+ Filmdistribution e.K

Was geschah mit Bus 670? (Sin Señas Particulares)

ACHTUNG: DER FILM STARTET ERST 2021 IM KINO, DER TERMIN WIRD NOCH BEKANNT GEGEBEN

Die beiden mexikanischen Teenager Jesús und Rigo träumen von einem besseren Leben in den USA. Mit dem titelgebenden Bus 670 machen sie sich auf den Weg zur amerikanischen Grenzen. Von Jesús fehlt seitdem jede Spur. Nach mehreren Monaten wird Rigos Leiche gefunden. Jesús‘ Mutter Magdalena beschließt, ihren Sohn zu suchen, auch wenn Nord-Mexiko zu den gefährlichsten Arealen der Welt gehört. Vor Ort erfährt Magdalena keine Hilfe von offizieller Seite, wohl aber, dass Jesús‘ Tasche in der Nähe von Rigos Leiche sowie diversen verstümmelten Toten gefunden wurde und ihre Suche somit hoffnungslos sei. Ihr Sohn sei nur einer von vielen. Doch Magdalena gibt nicht auf und ihre Beharrlichkeit führt sie von einem Hinweis zum nächsten bis sie auf Miguel trifft, der sich fast fünf Jahre lang illegal in den USA aufhielt und nun ausgewiesen wurde. Nachdem Miguel merkt, dass in Mexiko nichts mehr auf ihn wartet, beschließen die beiden verlorenen Seelen, einander zu unterstützen – und Jesús zu finden.
Der Originaltitel des von der ersten Minute an fesselnden, mexikanischen Dramas „Sin señas particulares“ (auf Deutsch „Ohne besondere Erkennungszeichen“) verweist auf den amtssprachlichen Begriff für jene Leichen, die in den Massengräbern in Nord-Mexiko aufgefunden werden – von Söldnergruppen bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt und nicht mehr zu identifizieren. Regiedebütantin Fernanda Valadez erzählt ihre dramatische Geschichte in ruhigen, langen Einstellungen. Nahaufnahmen der stark spielenden Akteure geben den Schicksalen, deren Schrecken man nur erahnen kann, sprichwörtlich ein Gesicht. Auf visuelle Grausamkeiten wird weitestgehend verzichtet. Stattdessen kontrastiert Valadez das Geschehen mit fast unwirklich schönen Landschaftsaufnahmen einer Gegend, die gefährlicher kaum sein könnte. Das beim renommierten Sundance Film Festival ausgezeichnete Drama startet in Deutschland im Monat der US-Präsidentschaftswahl. Eine Richtungsentscheidung, auch für die „Todeszone“ Nord-Mexiko. 

Film-Credits: Mexiko, Spanien 2020 - Produzent: Fernanda Valadez, Astrid Rondero, Jack Zagha Kababie, Yossy Zagha Kababie - Regie: Fernanda Valadez - Drehbuch: Fernanda Valadez, Astrid Rondero - Kamera: Claudia Becerril Bulos - Schnitt: Susan Korda, Astrid Rondero, Fernanda Valadez - Musik: Clarice Jensen - Darsteller: Mercedes Hernández, David Illescas, Juan Jesús Varela - Verleih: MFA+ Filmdistribution e.K., Bismarckplatz 9, Regensburg Tel.:+49 0941 586 24 62, Fax: +49 0941 586 17 92, info@mfa-film.de, www.mfa-film.de - Kinostart: 26.11.20



Film des Monats Oktober

Universal Pictures International Germany GmbH

Niemals Selten Manchmal Immer (Never Rarely Sometimes Always)

Schwanger. Das hätte nicht passieren dürfen, nicht in dieser provinziellen Stadt in Pennsylvania, nicht mit 17. Autumn hat keine feste Beziehung; der Junge, mit dem sie eine Affäre hatte, beschimpft sie bei einem Talentwettbewerb als slut, Schlampe. Sie lebt noch zu Hause, in bedrückenden Familienverhältnissen, der Job an der Supermarktkasse bietet keine Sicherheit. Autumn weiß genau, dass ein Baby jetzt kein Glück für sie wäre; sie will einen Abbruch. In der lokalen Klinik aber wird sie nicht nur unter Druck gesetzt, sondern über den Stand ihrer Schwangerschaft belogen. Und in ihrem Bundesstaat braucht sie für eine Abtreibung die Einwilligung der Eltern. Heimlich, begleitet von ihrer einfühlsamen Cousine, mit unterschlagenem Geld, das gerade für die Busfahrt reicht, reist sie nach New York. In der Metropole gibt es für ungewollt Schwangere, auch Minderjährige wie Autumn, Anlaufstellen. Aber als klar wird, dass sie nicht in der zehnten, sondern bereits in der achtzehnten Woche ist, kompliziert sich ihre Lage.
Niemals Selten Manchmal Immer, für den die amerikanische Independent-Regisseurin Eliza Hittman auf der Berlinale einen Silbernen Bären bekommen hat, behandelt in extremer Verdichtung und mit größter Umsicht ein Thema, das auch nach mehr als hundertjährigem Kampf um Geburtenkontrolle ein Minengelände ist. Nicht nur in den USA, wo konservative Staaten drohen, das im Grundsatz liberale Abtreibungsrecht auszuhebeln, sondern auch in Deutschland und auch in Teilen des protestantischen Spektrums, wo der Druck auf Abtreibungskliniken, Ärzte und Frauen wieder wächst. Hittman agitiert nicht. 
Über weite Strecken folgt ihr Film den Protagonistinnen auf einer trostlosen Odyssee durch Busbahnhöfe, Hamburgerläden und Warteräume –  in empathischen, sinnlichen Großaufnahmen, die jede Gefühlsregung registrieren, Enttäuschung, Angst, stille Entschlossenheit. An den Rändern, im Hintergrund fangen die Bilder aber noch mehr ein: Eltern, die ihre Kinder aufgegeben haben, Männer, die gewohnheitsmäßig Frauen bedrängen, eine Gesellschaft, die an den Bedürfnissen der Jugendlichen schlicht vorbeigeht. Und es sind dieser umfassende Blick und die subtile Erzählweise, die aus Niemals Selten Manchmal Immer mehr als einen politischen: einen großen Film machen.

Film-Credits: USA, Vereinigtes Königreich 2020 - Produzent: Adele Romanski Sara Murphy - Regie und Drehbuch: Eliza Hittman - Kamera: Hélène Louvart - Schnitt: Scott Cummings - Musik: Julia Holter - Darsteller: Sidney Flanigan, Talia Ryder, Théodore Pellerin - Verleih: Universal Pictures International Germany GmbH, Postfach 710848, 60498 Frankfurt/Main, Tel.: +49 069 222 821 0, Fax: +49 069 666 65 09, info@universal-pictures-international-germany.de, www.universal-pictures.de - Preise: Filmkunstmesse Leipzig 2020 Auszeichnung mit dem Gilde-Filmpreisn der Kategorie Bester Film international[25] Internationale Filmfestspiele Berlin 2020 Nominierung für den Goldenen Bären (Eliza Hittman) Auszeichnung mit dem Silbernen Bären – Großer Preis der Jury (Eliza Hittman) San Sebastian International Film Festival 2020 Nominierung für den Publikumspreis Sundance Film Festival 2020 Nominierung im U.S. Dramatic Competition (Eliza Hittman) Auszeichnung mit dem U.S. Dramatic Special Jury Award – Neo-Realism (Eliza Hittman) Zurich Film Festival 2020 Nominierung im „Spielfilm Wettbewerb“ - FSK:6 - Kinostart: 01.10.2020


Film des Monats September

Verleih: Grandfilm

Vitalina Varela

Als Vitalina Varela auf dem Flughafen von Lissabon landet, kommt sie zu spät. Ihr Ehemann, der sie Jahre zuvor verlassen hatte, um aus der ehemaligen Kolonie Kap Verde nach Portugal auszuwandern, ist wenige Tage zuvor verstorben. Sein Traum, sich in der Hauptstadt des ehemaligen Kolonialreichs eine Existenz aufzubauen, hat sich nicht erfüllt. Wie alle anderen Einwanderer ist er ein Fremder geblieben und an der „portugiesischen Kälte“ gescheitert, die für die Migranten nur Elend und Bitterkeit bereithält. Nun steht Vitalina vor dem Nichts. Ohne die Sprache zu beherrschen, in einem Haus, das heruntergekommen ist, kann sie weder bleiben noch zurückkehren. Die Kameraden ihres Mannes sind selbst gescheiterte Existenzen, und auch der Priester der Gemeinde kann ihr keinen Trost spenden, da er eine schwere Schuld trägt und seinen Glauben schon lange verloren hat. In dieser Situation erweist sich Vitalina als starke Frau und eigenständige Persönlichkeit, die sich von der sie umgebenden Mutlosigkeit nicht zermürben lässt. So wie sie sich auf Kap Verde in Abwesenheit ihres Mannes ein Haus und eine Existenz aufbaute, beginnt sie nun die Grundlage für ein selbständiges Leben zu legen.
Ohne die Ausweglosigkeit zu verschleiern, gibt Petro Costa den Bewohnern*innen der Armenviertel Lissabons die Möglichkeit, ihre Würde zu wahren, indem er sie ihre eigene Geschichte darstellen und erzählen lässt. Dass dieses Experiment gelingt, ist der einzigartigen Bildsprache, die Costa in seinen Filmen von Anfang an entwickelt, sowie der großartigen Lichtführung und den perfekten Kameraeinstellungen zu verdanken, die dazu führen, dass Empathie für die Entrechteten und respektvolle Distanz gegenüber den Protagonisten*innen in ein formal und inhaltlich beeindruckendes Gleichgewicht gebracht werden. So wird jede Bildeinstellung zu einem Kunstwerk, ohne dabei an Lebendigkeit zu verlieren. Ein weiteres Meisterwerk des portugiesischen Regisseurs, das soziales Engagement mit hohem künstlerischem Niveau verbindet.  

Film-Credits: Portugal 2019 - Produzent: Abel Ribeiro Chaves - Regie: Pedro Costa - Drehbuch: Pedro Costa, Vitalina Varela - Kamera: Leonardo Simões - Schnitt: Vítor Carvalho, João Dias - Darsteller: Vitalina Varela, Ventura, Manuel Tavares Almeida - Verleih: Grandfilm, Muggenhofer Str. 132d, Bau 74, 90429 Nürnberg, Tel.:+49 0911 810 96 671, verleih@grandfilm.de, www.grandfilm.de

 

 

Film des Monats August

Weltkino Filmverleih GmbH

Schlingensief - In das Schweigen hineinschreien
124 Minuten

Von seinem Vater, einem Apotheker, habe er gelernt, dass man Menschen eine kleine Portion Gift verabreichen muss, um sie zu heilen, sagt der Filmemacher und Aktionskünstler Christoph Schlingensief. So wollte er auch die Wirkungsabsicht seiner Kunst verstanden wissen: seiner Filme, Opern- und Theaterprojekte, seiner Kunstaktionen und Interventionen im öffentlichen Raum, die so radikal waren, dass viele sie als Provokation empfanden. Zum 10. Todestag von Christoph Schlingensief, der in diesem Jahr 60 geworden wäre, kommt nun die Dokumentation der renommierten Editorin Bettina Böhler über ihn in die Kinos. Sie selbst hat mit Schlingensief zusammengearbeitet. 

Böhlers Regiedebut ist ein Montagefilm. Basierend auf umfangreichem Archivmaterial aus vier Jahrzehnten, darunter Ausschnitte aus Schlingensiefs Filmen und Theaterinszenierungen, sowie Fernsehinterviews zeichnet der Dokumentarfilm ein substantielles Porträt des Regisseurs. Es ist eine brillante Hommage an einen fulminanten Künstler, der stets vor neuen Ideen sprudelte. Zuletzt wurde er eingeladen, den Deutschen Pavillon bei der Biennale in Venedig zu gestalten. Schlingensief prägte den politischen Diskurs im deutschsprachigen Raum. Er war unbequem und eckte an. Oft berührte er eine Schmerzgrenze. Ob er sich mit der NS-Geschichte auseinandersetzte oder mit der Gegenwart. Wie etwa mit der originellen Protestaktion, als Schlingensief alle Arbeitslosen einlud, gemeinsam in den Wolfgangsee einzutauchen. Zwei Millionen Menschen, die gleichzeitig baden gehen, würden den Wasserpegel um einen Meter fünfzig ansteigen lassen. Oder die gewagte Aktion im Stadtzentrum von Wien, als er vor einem aus Brettern zusammengezimmerten Verschlag Passanten aufforderte, einzutreten, als handele es sich um ein Raritätenkabinett. Hinter Fensterschlitzen säßen Asylbewerber, jeder versehen mit einer Nummer, und die Besucher dürften einen von ihnen auszuwählen, der abgeschoben werden solle. Schlingensiefs Provokationen trafen einen Nerv. Böhlers Dokumentation macht deutlich, wie sehr der widerspenstige Christoph Schlingensief heute fehlt.

Film Credits: Deutschland 2020 - Produzenten: Irene von Alberti, Frieder Schlaich - Regie, Buch, Montage: Bettina Böhler - Mitwirkende: Christoph Schlingensief, Margit Carstensen, Irm Hermann, Volker Spengler, Alfred Edel, Udo Kier, u.a. - Format: DCP, 124 Min. - Verleih: Weltkino Filmverleih GmbH, KarlTauchnitz-Straße 6, 04107 Leipzig, Tel.: 0341 21339 111, Fax: 0341 21339 303, info@weltkino.de, www.weltkino.de - Kinostart: 20. August 2020



Film des Monats April

Verleih: Tobis Film GmbH & Co KG

Vergiftete Wahrheit (Dark Waters) 

In einer Szene betritt der Rechtsanwalt Rob ein Parkhaus, in dem er sein Auto abgestellt hat. Die Angst steht ihm ins Gesicht geschrieben. Einen Moment lang zögert er, den Schlüssel im Zündschloss herumzudrehen. Er befürchtet, dass er womöglich eine Bombe zündet, die ihn in die Luft sprengt. Todd Haynes’ Film Vergiftete Wahrheit ist ein »Whistleblower«-Drama. Mark Ruffalo spielt den Unternehmensanwalt Robert Billot, der einen der größten Umweltskandale aufdeckte. Der Film basiert auf einem wahren Fall, der 1998 beginnt und sich bis in die Gegenwart erstreckt. Eines Tages wird der Anwalt von einem Farmer aus West Virginia aufgesucht, dem die Kühe wegsterben. Robs Großmutter hatte ihn auf ihren Enkel in Cincinnati verwiesen, nachdem alle Rechtsanwälte vor Ort es abgelehnt hatten, den Farmer zu verteidigen. Zu groß ist die Macht des Chemiekonzerns DuPont. Das Unternehmen hatte jahrelang mit Perfluoroctansäure (PFOA) kontaminierte Produktionsabfälle in einer Deponie entsorgt und das Trinkwasser verseucht. Krebserkrankungen bei Menschen und Tieren waren die Folge. Billot ist erschüttert, als er erkennt, dass DuPont seit langem wusste, wie toxisch die Stoffe sind, die das Unternehmen zur Herstellung von mit Teflon beschichteten Produkten verwendete. Es beginnt ein langwieriger Rechtsstreit, in dem der Anwalt sich für die Entschädigung der Opfer einsetzt.
Todd Haynes zeigt, was es seinem Protagonisten abverlangt, sich mit einem einflussreichen Unternehmen anzulegen, das mit aller Macht verhindern will, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Der Film vermittelt fundiertes Wissen um einen Umweltskandal mit weltweiten Auswirkungen, ohne zu belehren. Die dunklen Farbtöne, in die der Kameramann die Bilder getaucht hat, spiegeln die abgründige Atmosphäre,  in der sich der mutige Kampf des Anwaltes gegen den mächtigen Chemiekonzern abspielt. Der packende Film besticht auch durch die herausragende schauspielerische Leistung von Mark Ruffalo.

Film-Credits: USA 2019 - Produzent: Pamela Koffler, Mark Ruffalo, Jeff Skoll, Christine Vachon - Regie: Todd Haynes - Drehbuch: Mario Correa, Matthew Michael Carnahan - Kamera: Edward Lachman - Schnitt: Affonso Gonçalves - Musik: Marcelo Zarvos - Darsteller: Mark Ruffalo, Anne Hathaway, Tim Robbins - Verleih: Tobis Film GmbH & Co KG; Pacelliallee 47, Berlin Tel.:+49 030 839007-0, Fax: +49 030 -65, info@tobis.de, www.tobis.de - FSK: ab 6



Film des Monats März

Filmperlen

Für Sama (For Sama)

Als der arabische Frühling 2011 Syrien erreicht, bricht die 20-jährige Waad al-Khateab ihr Studium ab. Ihre Eltern möchten, dass sie nach Hause kommt, doch Waad bleibt in Aleppo und schließt sich den Rebellen an – von der Hoffnung auf demokratischen Wandel getragen. Dann schlägt das Assad-Regime zurück; Menschen verschwinden, werden gefoltert, liegen als Leichen im Fluß. Und es beginnen die Bombardements. Inmitten der jahrelangen Belagerung von Aleppo verliebt die junge Frau sich in den Arzt Hamza, der versucht, die medizinische Versorgung aufrechtzuerhalten. Waad selbst dokumentiert das Leben im Ausnahmezustand, zunächst mit ihrem Smartphone, dann mit einer Videokamera. Sie filmt Notoperationen, Sterbende, Tote, Trauernde. Und sie filmt ihre Tochter Sama, die 2015 zur Welt kommt.
Waad, Hamza und Sama haben den Bürgerkrieg überlebt. Al-Kateabs journalistische Kontakte – ihre Reportagen aus dem Krieg wurden mit einem Emmy ausgezeichnet - ermöglichten der Familie 2017 die Flucht nach England. „Für Sama“ entstand in Zusammenarbeit mit dem britischen Sender Channel 4 und dem Regisseur Edward Watts. Aber es ist ein radikal persönlicher, auch parteiischer Film, der auf eine Diskussion der komplizierten politischen und militärischen Lage verzichtet. Das macht seine Stärke aus: die Konzentration auf das unmittelbare Erleben der eingeschlossenen Zivilisten, auf den irritierenden Wechsel von Entspannung und Todesangst, vom Kuscheln mit der Tochter zur Flucht ins finstere Untergeschoss. Im Unterschied zum Strom der Nachrichtenbilder wird das Leid der unbekannten, zufälligen Opfer hier aber stets konkret – indem die Regisseurin es mit ihrer Erfahrung als Frau und Mutter verknüpft. „Für Sama“ bringt dem Publikum erschütternd nahe, welchen Risiken die Menschen in den neuen Kriegsregionen ausgesetzt sind.

Film-Credits: Vereinigtes Königreich, Syrien 2019 - Produzent: Waad al-Kateab - Regie: Waad al-Kateab, Edward Watts - Kamera: Waad al-Kateab - Schnitt: Chloe Lambourne, Simon McMahon - Musik: Nainita Desai - Darsteller: Waad al-Kateab - Verleih: FILMPERLEN; Zugspitzstr. 29, 85757 Karlsfeld b. München, Deutschland, Tel.:+49 8131 757 95 12, info@filmperlen.com, filmperlen.com/ 
Preise: British Academy Film Awards: Best Documentary British Independent Film Awards: Best British Independent Film, Best Documentary 

Film des Monats Februar

Verleih: NFP marketing & distribution

Sorry we missed you

Am Anfang steht ein Jobinterview. Ricky Turner rutscht nervös auf seinem Stuhl herum, während er sämtliche positiven Eigenschaften aufzählt, die einen Arbeitgeber beeindrucken. Mit Erfolg. Am Ende des Gesprächs gehört der Paketbote zur Firma – als selbständiger Unternehmer. Was das bedeutet, zeigt Ken Loach in seinem neuen Spielfilm.
In der Hoffnung mit dieser Arbeit endlich genügend Geld zusammensparen zu können, damit die Familie in ein eigenes Häuschen ziehen kann, legt Ricky sich ins Zeug. Kauft einen größeren Transporter für mehr Pakete, obwohl das bedeutet, das Auto seiner Frau zu verkaufen. Abby muss nun umständlich per Bus zu ihren Klientinnen und Klienten fahren, die sie als Altenpflegerin trotz Zeitdruck liebevoll betreut. Schnelle und pünktliche Lieferung ist beim Paketservice oberstes Gebot. Egal, ob Sohn Sebastian gerade mit der Pubertät kämpft und sich einen Schulverweis einhandelt, beim Stehlen erwischt wird oder Tochter Liza Jane ins Bett macht, weil sie die Streitereien nicht mehr erträgt. Ricky sitzt am Steuer. Jeder Ausfall kostet ihn Geld. Als er eines Tages überfallen und verprügelt wird, hält er das Warten in der Notaufnahme  kaum aus. Am nächsten Morgen greift er wieder zum Autoschlüssel, setzt sich in den Lieferwagen und fährt los. Gekrümmt ans Steuer geklammert, nur noch auf einem Auge richtig sehend.
Filmemacher Ken Loach wirft am Beispiel einer Branche einen präzisen Blick auf heutige Arbeitsbedingungen und deren Auswirkungen auf die Gesellschaft. Ricky und Abby strengen sich an, kümmern sich um die Kinder, finden immer wieder zueinander, trotz aller Schwierigkeiten. Doch sie sind in einem System gefangen, das ihnen kaum Handlungsmöglichkeiten offen lässt. Die Zahlen müssen immer stimmen. Loach verdeutlicht, was passiert, wenn Flexibilität und Selbstverantwortung zum neuen Heilsversprechen werden. Wenn Menschen an der Grenze ihrer Belastbarkeit agieren müssen und dabei vielfach die Menschlichkeit auf der Strecke bleibt. 

Film-Credits: Vereinigtes Königreich, Frankreich, Belgien 2019 - Produzent: Rebecca O'Brien - Regie: Ken Loach - Drehbuch: Paul Laverty - Kamera: Robbie Ryan - Schnitt: Jonathan Morris - Musik: George Fenton - Darsteller: Kris Hitchen, Debbie Honeywood, Rhys Stone, Katie Proctor - Verleih: NFP marketing & distribution; Kantstraße 54, Berlin Tel.: 030 32909 413, Fax: 030 32909 419, www.nfp.de - Preise: Festival Internacional de Cine de San Sebastián 2019: Auszeichnung mit dem Publikumspreis als Bester europäischer Film (Ken Loach) Chicago International Film Festival 2019: Auszeichnung als Beste Schauspielerin mit dem Silver Hugo (Debbie Honeywood) - Kinostart: 30.01.2020

Film des Monats Januar

Verleih: Wild Bunch Germany GmbH

Die Wütenden – Les Misérables (Les Misérables)

Wenn beim WM-Sieg alle Franzosen vor Freude jubeln und die Trikolore schwenken, darf das nicht über die immensen sozialen Spannungen im Land hinwegtäuschen.  „Die Wütenden“ nimmt den Zuschauer mit nach Montfermeil, einem tristen Vorort von Paris, der von Einwanderern aus unterschiedlichen Ländern geprägt ist. Ohne Schwarz-weiß-Zeichnung zeigt der Film den Alltag von Jugendlichen in einem Plattenbauviertel, das nach eigenen Gesetzen funktioniert. Wer hier aufgewachsen ist, weiß um die internen Machtverhältnisse. Da ist Salah, die moralische Instanz der Muslime im Viertel. Er betreibt einen Dönerladen, der zur Anlaufstelle für Probleme aller Art wird.  Ein selbsternannter Bürgermeister versucht mit korrupter Allmacht die vielfältigen Interessen im Viertel auszugleichen, um gewalttätige Konflikte zu minimieren. Zu diesem austarierten Gewaltmobile gehört auch die Polizei. Das Team wird geleitet von Chris, einem rassistischen und gewaltbereiten Cop, der nach der Devise handelt: „Das Gesetz bin ich“. Dazu kommen der im Viertel aufgewachsene Gwada und Stéphane, der Neue. Letzterer gleicht einem Fremdkörper. Er versucht, seinen gesetzesgemäßen Verhaltensmustern treu zu bleiben. Als ein Löwenbaby von der Jugendgang aus dem Zirkus gestohlen wird und die überforderten Polizisten auf den Anführer der Bande schließen, droht das fragile Machtgleichgewicht zu zerbrechen. 

Der Film vermeidet es, parteiisch zu werden. Die übergriffige Gewalt der Polizei wird mit maßloser Gewalt der Jugendlichen beantwortet. Dieser Film deckt die Wirklichkeit der Vorstädte von Paris auf, die sich fundamental vom Stadtzentrum unterscheiden. Wie Stéphane, der von außen kommende Polizist, schnell Teil des Problems wird, das keine Unterscheidung zwischen Opfer und Tätern mehr zulässt. Es ist jener Stadtteil, in dem Victor Hugo 1862 seinen Roman Les Misérables geschrieben hat. Viel scheint sich seit jener Zeit nicht verändert zu haben. Oder doch? Regisseur Ladj Ly stammt selbst aus diesem Viertel und schafft es, durch seine künstlerische Arbeit die Gesetzmäßigkeiten der Pariser Banlieues zu durchbrechen. Sein Film wurde auf dem Festival de Cannes 2019 mit dem „Preis der Jury“ ausgezeichnet und geht für Frankreich ins Rennen um den Oscar.  

Film-Credits: Frankreich 2019 - Produzent: Toufik Ayadi, Christophe Barral - Regie: Ladj Ly - Drehbuch: Ladj Ly, Giordano Gederlini, Alexis Manenti - Kamera: Julien Poupard - Schnitt: Flora Volpière - Darsteller: Damien Bonnard, Alexis Manenti, Djibril Zonga - Verleih: Wild Bunch Germany GmbH - Holzstraße 30, 80469 München, Tel.: +49 89 444 55 66 44, Fax: +49 89 444 55 66 59, office@wildbunch-germany.de, www.wildbunch-germany.de -
Preise: Black Reel Awards 2020 Nominierung als Bester internationaler Film Nominierung für das Beste Drehbuch (Ladj Ly, Giordano Gederlini und Alexis Manenti)[20] Critics’ Choice Movie Awards 2020 Nominierung als Bester fremdsprachiger Film[21] Durban International Film Festival 2019 Auszeichnung als Bester Spielfilm (Ladj Ly) Auszeichnung für das Beste Drehbuch (Ladj Ly)[22] Europäischer Filmpreis 2019 Nominierung als Bester europäischer Film Nominierung für das Beste Drehbuch (Ladj Ly, Giordano Gederlini und Alexis Manenti) Auszeichnung als Europäische Entdeckung für den Prix FIPRESCI (Ladj Ly)[23] European Film Festival Palic 2019 Auszeichnung als Bester Film mit dem Golden Tower (Ladj Ly) Auszeichnung mit dem FIPRESCI-Preis als Bester Film (Ladj Ly)[24] Festival des amerikanischen Films 2019 Auszeichnung mit dem Michel d'Ornano Award (Ladj Ly) Golden Globe Awards 2020 Nominierung als Bester fremdsprachiger Film (Ladj Ly) Independent Spirit Awards 2020 Nominierung als Bester internationaler Film (Ladj Ly)[25] Internationale Filmfestspiele von Cannes 2019 Nominierung für die Goldene Palme (Ladj Ly) Nominierung für die Goldene Kamera (Ladj Ly) Auszeichnung mit dem Preis der Jury Auszeichnung mit dem Prix de la citoyenneté attribué[26][27] Jerusalem Film Festival 2019 Nominierung für den Gabriel Sherover Foundation Award – Best International Film (Ladj Ly) Auszeichnung als Bester Internationaler Film mit dem Jerusalem Foundation Award (Ladj Ly)[28][29] Prix Lumières 2020 Nominierung als Bester Film (Ladj Ly) Nominierung für die Beste Regie (Ladj Ly) Nominierung für das Beste Drehbuch (Ladj Ly, Giordano Gederlini und Alexis Manenti) Nominierung für die Beste Kamera (Julien Poupard) Nominierung als Révélation masculine (Alexis Manenti) Nominierung als Révélation masculine (Issa Perica) Nominierung als Bester Debütfilm (Ladj Ly)[30] Satellite Awards 2019 Nominierung als Bester fremdsprachiger Film[31] - Nominierung für den Oscar 2019 als bester nicht-englischsprachiger Film - FSK: ab 12 - Kinostart: 17.01.2019
 

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