Archiv 2019 - Evangelische Medienzentrale

Evangelische Medienzentrale

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Film des Monats Dezember

Verleih: Piffl Medien GmbH

Die Sehnsucht der Schwestern Gusmao (A Vida Invisível De Eurídice Gusmão)

Wenn die zwanzigjährige Guida spät abends noch hinaus will, zu einem Rendezvous, wird sie von ihrer Schwester Euridice gedeckt. Umgekehrt unterstützt Guida die Pläne der Jüngeren: Euridice träumt von einer Karriere als Pianistin. Das liebevolle Bündnis der Schwestern Gusmão ist viel wert im Rio de Janeiro der fünfziger Jahre. Die konservativen, mittelständischen Eltern – der Vater ist Bäcker –  behüten ihre Töchter in der Hoffnung auf sozialen Aufstieg qua Ehe. Für die Gusmãos kommt es einer Katastrophe gleich, als Guida mit einem Seemann durchbrennt – und schwanger, als Verlassene zurückkehrt. Um die Familienehre zu retten, verstößt der Vater Guida und versucht, jeden Kontakt zu der inzwischen verheirateten Euridice zu unterbinden. Im Glauben, einander verloren zu haben, gehen die beiden sehr unterschiedliche Lebenswege. 
„Ein tropisches Melodrama“ kündigt der Originaltitel des preisgekrönten Films von Karim Aïnouz („Zentralflughafen THF“) an. Tatsächlich meint man, in jedem der grobkörnigen, farbglühenden Bilder die schwüle Hitze Rios zu spüren.  Der Begriff „Melodrama“ ist als Rückgriff auf ein klassisches Erbe zu verstehen: Es ist das Genre, das schon immer den Frauen gehörte, in dem weibliche Konflikte verhandelt werden konnten. „Die Sehnsucht der Schwestern Gusmão“ spannt ein ganzes Panorama solcher Themen auf. Die kompromissfähige Euridice steckt in den Zwängen einer bürgerlichen Existenz, muss als Hausfrau und Mutter ihre Träume von beruflicher Erfüllung begraben. Guida dagegen schlägt sich als Alleinerziehende am unteren Rand der sozialen Skala durch – und begegnet dabei ganz anderen, sogar queeren Lebensentwürfen. In seiner visuellen Sinnlichkeit und seiner unverrückbaren Empathie für die Hauptfiguren – selbst dann, wenn sie problematische Entscheidungen treffen – weist der Film über sein historisches Setting hinaus ins Zeitgenössische: Er ist ein leidenschaftliches Plädoyer für das Selbstbestimmungsrecht der Frau in allen Belangen – Reproduktion, Sexualität, Arbeit, Beziehung. 

Film-Credits: Brasilien, Deutschland 2019 - Produzent: Rodrigo Teixeira, Michael Weber - Regie: Karim Aïnouz - Drehbuch: Murilo Hauser - Kamera: Hélène Louvart - Schnitt: Heike Parplies - Musik: Benedikt Schiefer - Darsteller: Carol Duarte, Júlia Stockler, Fernanda Montenegro - Verleih: Piffl Medien GmbH, Boxhagener Str. 18, Berlin Tel.:+49 030 293616-0, Fax: +49 030 293616-22, office@pifflmedien.de, www.pifflmedien.de - Preise: Filmfest München 2019: Auszeichnung als Beste Koproduzenten (Viola Fügen und Michael Weber)[2] Frankfurter Buchmesse Film Awards 2019: Nominierung in der Kategorie Best International Literary Adaption (Martha Batalha und Karim Aïnouz) Internationale Filmfestspiele von Cannes 2019: Auszeichnung mit dem Hauptpreis der Sektion „Un Certain Regard“ (Karim Aïnouz) - Kinostart: 26.12.2019 

Film des Monats November

Verleih: Piffl Medien GmbH

Bis dann, mein Sohn (Di jiu tian chang) 

„Komm mit ins Wasser“, fordert Shen Hao seinen Freund auf, aber Liu Xing sträubt sich verlegen. Er kann nicht schwimmen. Zwei Jungen an einem Stausee im Norden Chinas, und das Drama beginnt. Regisseur Wang Xiaoshuai erzählt verwoben in Rückblenden und Ellipsen über drei Jahrzehnte die Geschichte zweier Familien, die durch eine Tragödie untrennbar miteinander verbunden sind. Er spannt dabei einen Bogen von der Kulturrevolution bis in das heutige China.
Es ist die Zeit der Ein-Kind-Politik. Liu Yaojun und Wang Liyun arbeiten wie Liu Yaojuns Schwester Li Hayan und ihr Ehemann Zhang Xinjian in einer großen Fabrik. Die Söhne Liu Xing und Shen Hao sind am gleichen Tag geboren. Beide Familien haben ein enges Verhältnis zueinander. Dann passiert, was nicht passieren darf – Wang Liyun wird schwanger. Ihre Freundin, die Familienplanungsbeauftragte Li Haiyan, folgt der Parteilinie, drängt zur Abtreibung. Trägt Wang Liyun schon schwer an dieser Entscheidung, erschüttert der Ertrinkungstod ihres Sohnes bald darauf ihr Leben. Nach einer Entlassungswelle in der Fabrik ziehen sie und ihr Mann in den Süden Chinas. Dort betreiben sie eine kleine Werkstatt, adoptieren einen Sohn, leben in bescheidenen Verhältnissen. Das Verhältnis zum Adoptivsohn ist schwierig. Li Hayan und ihr Mann sind dagegen in all den Jahren zu Wohlstand gekommen. Als ein inoperabler Tumor bei ihr festgestellt wird, möchte sie Wang Liyun und Liu Yaojin ein letztes Mal sehen. Beide reisen zurück in eine moderne Stadt, die sie kaum wiedererkennen. Am Ende des Films haben zwei Familien wieder zueinander gefunden.
Wang Xiaoshuai nimmt sich Zeit: für die Figuren, die Geschichte, die Themen.  Es wird wenig geredet und doch viel gesagt – über Blicke, Gesten, Bildgestaltung. „Bis dann, mein Sohn“ ist ein Film über Schuld, Vergebung und Versöhnung, der die Menschen in ihrer Zerbrechlichkeit und Stärke in den Mittelpunkt stellt. Und ganz nebenbei erzählt er ein Stück chinesische Zeitgeschichte. 

Film-Credits: China 2019 - Produzent: Liu Xuan - Regie: Wang Xiaoshuai - Drehbuch: Wang Xiaoshuai und Mei Ah - Kamera: Hyunseok Kim - Schnitt: Lee Chatametikool - Musik: Dong Yingda - Darsteller: Wang Jingchun, Yong Mei, Xu Cheng, Ai Liya - Verleih: Piffl Medien GmbH, Boxhagener Str. 18, Berlin Tel.:+49 030 293616-0, Fax: +49 030 293616-22, office@pifflmedien.de, www.pifflmedien.de - Kinostart: 14.11.2019 

Film des Monats Oktober

Verleih: Alamode Film

Porträt einer jungen Frau in Flammen (Portrait de la jeune fille en feu)

Ende des 18. Jahrhunderts, auf einer abgelegenen Insel in der Bretagne: Die geschäftstüchtige Malerin Marianne (Noémie Merlant) soll ein Hochzeitsporträt der adeligen Héloïse (Adenel Haenel) anfertigen. Das muss allerdings heimlich geschehen, denn Héloïse will gar nicht heiraten und weigert sich zu posieren. Also gibt sich Marianne als Gesellschafterin aus. Sie beobachtet ihr Sujet bei langen gemeinsamen Spaziergängen und malt Héloïse später aus dem Gedächtnis. Dabei kommen die beiden Frauen einander näher. Als das Porträt fertig ist, gesteht Marianne den eigentlichen Inhalt ihres Auftrags. Héloïse aber ist mit dem Bild unzufrieden und fordert die Künstlerin heraus, es noch ein zweites Mal zu versuchen. 
Die französische Regisseurin Céline Sciamma hat mit ihrem Film die großen Themen der Moderne – individuelles Begehren, weibliche Emanzipation, bürgerliche Gleichheit – im Rahmen einer berührenden Liebesgeschichte in Szene gesetzt. Ein perfektes Drehbuch und brillante Hauptdarstellerinnen machen den Film selbst zu einem bewegten Gemälde, bei dem Form und Inhalt zusammenkommen: Blicke prägen die Beziehungen, und Beziehungen prägen die Blicke. 
In der kurzen Zeit, die Marianne und Héloïse gemeinsam haben, verwirklichen sie eine Art Utopia, in dem Subjekt und Objekt einander als Gleiche begegnen und Klassenunterschiede vorübergehend aufgehoben sind – auch das Dienstmädchen Sophie ist ein Teil dieser neuen Gesellschaft. Und auch wenn es für die Protagonistinnen in ihrer Zeit kein "Happy End" im konventionellen Sinn geben kann, so sind sie am Ende doch nicht an einer unmöglichen Liebe zerbrochen, sondern um die Erfahrung einer möglichen Liebe reicher. 

Film-Credits: Frankeich 2019 - Produzent: Véronique Cayla, Bénédicte Couvreur - Regie: Céline Sciamma - Drehbuch: Céline Sciamma - Kamera: Claire Mathon - Schnitt: Julien Lacheray - Musik: Jean-Baptiste de Laubier, Arthur Simonini - Darsteller: Noémie Merlant, Adèle Haenel , Luàna Bajrami - Verleih: Alamode Film; Nymphenburger Str. 36, München Tel.:+49 089 179992-11, Fax: +49 089 179992-13,  info@alamodefilm.de, www.alamodefilm.de - Preise: Internationale Filmfestspiele von Cannes 2019 Nominierung für die Goldene Palme (Céline Sciamma) Auszeichnung mit der Queer Palm (Céline Sciamma) - Kinostart: 31.10.2019

Film des Monats September

Verleih: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

Gelobt sei Gott (Grâce à Dieu)

Vielleicht wäre alles anders gekommen, wenn der Priester die richtigen Worte gefunden hätte. In der Mediationssitzung gibt Bernard Preynat zwar zu, dass er vielen Jungen sexuelle Gewalt angetan hat, in der Kirchengemeinde, in seinen beliebten Pfadfinder-Camps. Aber er ist nicht in der Lage, sich bei dem inzwischen erwachsenen Alexandre zu entschuldigen. Alexandre hatte geglaubt, er sei über das traumatische Erlebnis hinweg.  Er hat eine glückliche Familie, ist erfolgreich im Beruf – und geht  voller Überzeugung zur Kirche. Doch er ist gewahr geworden, dass Preynat nach wie vor mit  Kindern arbeitet. Und dass die katholische Kirchenhierarchie in Lyon, namentlich Kardinal Philippe Barbarin, Primas von Gallien, nie etwas gegen den offenbar pädophilen Priester unternommen hat. Alexandre beginnt, nach anderen Opfern zu suchen, denn sein Fall ist verjährt.
François Ozons „Gelobt sei Gott“ ist ein außergewöhnlich kunstvolles Dokudrama über einen Missbrauchsskandal, der Frankreich noch immer in Atem hält. Barbarin ist inzwischen zurückgetreten; der über 70-jährige Preynat wurde von einem Kirchengericht verurteilt, sein Strafprozess steht aber noch aus – und Preynat hat versucht, den Start des Films zu verhindern. Ozon erzählt aus der Perspektive von drei Opfern – Männern von unterschiedlicher Herkunft und Weltanschauung, auf unterschiedliche Weise verletzt. Wie ein Rhizom entfaltet sich die Geschichte um Alexandres Recherche, die Gründung der Selbsthilfeorganisation „La parole liberée“, den Kampf der Männer um Anerkennung. Der Film zeigt, wie sexuelle Gewalt in arkanen, autoritären Strukturen wächst: Auch wenn es um die katholische Kirche in Frankreich geht, wird deutlich, dass alle Systeme, die mit Kindern und Jugendlichen umgehen, prädisponiert für den Missbrauch von Macht sind. Das großartige Schauspielerensemble macht die Wut und Hilflosigkeit der Betroffenen spürbar. Schließlich enthält „Gelobt sei Gott“ eine Spur von Trost: Sie liegt in der Solidarität der Opfer und ihrer Angehörigen, die sich über soziale und politische Grenzen hinweg nach Jahrzehnten des Schweigens zusammentun, um die Veröffentlichung des Falls und die gerichtliche Anklage zu bewirken. 

Film-Credits: Frankreich, Belgien 2018 - Produzent: Eric Altmayer, Nicolas Altmayer - Regie und Drehbuch: Francois Ozon - Kamera: Manuel Dacosse - Schnitt: Laure Gardette - Musik: Evgueni Galperine, Sacha Galperine - Darsteller: Melvil Poupaud, Denis Ménochet, François Marthouret - Verleih: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG; Lamprechtstr. 11a, 63739 Aschaffenburg, Tel.:+49 06021 150 66-0, Fax: +49 06021 150 66-19, verleih@pandorafilm.com, www.pandorafilm.de - Preise: Internationale Filmfestspiele Berlin 2019 – Silberner Bär – Großer Preis der Jury -  FSK: ab 6 - Kinostart: 26.09.2019
 

Film des Monats August

Verleih: MFA+ Filmdistribution e.K.

Der unverhoffte Charme des Geldes (La chute de l'empire américain) 

Der promovierte Philosoph Pierre-Paul arbeitet als Paketbote. Ob er die Frau liebt, die ihm beim Mittagessen gegenübersitzt, weiß er nicht. Er denkt von sich, dass er zu intelligent ist, um erfolgreich zu sein. Nach der Mittagspause wird Pierre-Paul unfreiwillig Zeuge eines Überfalls, der so gründlich schiefläuft, dass am Ende zwei Gangster tot sind und der dritte verletzt flieht. Auf der Straße stehen zwei Sporttaschen voller Geld. Pierre zaudert, ergreift dann doch die Chance und packt sie in seinen Lieferwagen. Was tun mit dem schmutzigen Geld? Den Obdachlosen helfen, die er in seiner Freizeit betreut? Andere glücklich machen? Gelingt es Pierre-Paul, der die Armen seiner Gemeinde sieht und kennt, etwas Sinnvolles mit diesem zu Unrecht erhaltenen Geld anzufangen, oder unterliegt auch er seinen Verlockungen?
Bald sind ihm die Mafia, das Finanzamt und zwei gewiefte Polizist*innen auf den Fersen. Pierre-Paul braucht die Hilfe eines Profis. Er findet sie bei dem ehemaligen Biker-Boss Sylvain „The Brain“, ein Ex-Knacki und Finanzexperte, der nur noch legal sein Geld verdienen will. Aspasie, ein teures Escort-Girl, ist erst nur an dem Geld interessiert. Dann findet sie auch Gefallen an dem jungen Mann. Sie vermittelt den Kontakt zu Wilbrod Taschereau, einem Finanzberater mit internationalen Verbindungen, der weiß, wie er das Geld sicher in internationalen Kanälen verschwinden lassen kann.
Der frankokanadische Regisseur Denys Arcand nimmt in seinem neuen Film den durchdrehenden Turbokapitalismus humorvoll aufs Korn. Er vollendet seine lose Trilogie über die Missstände unserer modernen Gesellschaft, die er mit „Der Untergang des Amerikanischen Imperiums“ (1986) und „Die Invasion der Barbaren“ (2003) begann. Dabei hält er den linken Intellektuellen unter seinen Zuschauer*innen einen Spiegel vor, der viel Ambivalenz aufzeigt. Sein neuer Film ist Komödie, Gangsterthriller und Märchen zugleich, der zudem zeigt, wie Geldwäsche funktioniert.

Film-Credits: Kanada 2018 - Produzent: Denise Robert - Regie: Denys Arcand - Drehbuch: Denys Arcand - Kamera: Van Royko - Schnitt: Arthur Tarnowski - Musik: Louis Dufort, Mathieu Lussier - Darsteller: Maxim Roy, Yan England, Rémy Girard u.a. - Verleih: MFA+ Filmdistribution e.K. Bismarckplatz 9, Regensburg Tel.:+49 0941 586 24 62, Fax: +49 0941 586 17 92, info@mfa-film.de, www.mfa-film.de - FSK: ab 12 - Kinostart: 01.08.2019

Film des Monats Juli

StudioCanal GmbH

Leid und Herrlichkeit (Dolor y gloria)

Salvador Mallo ist ein berühmter Regisseur – aber er hat seit Jahren keinen Film mehr gedreht. Der Tod seiner Mutter hat ihm zugesetzt, und er leidet unter einer ganzen Reihe körperlicher Beschwerden. Vor allem der Rücken macht ihm zu schaffen; mit regelrechten Medikamentencocktails versucht er, die Schmerzen zu lindern. In einem Zustand depressiven Dämmers erinnert er sich an seine Kindheit in Valencia, wo er in den 60ern als einziger Sohn einer fürsorglichen, taffen Mutter und eines meist abwesenden Vaters das Kino und seine erotischen Präferenzen entdeckte. Salvadors Reflexionen nehmen Fahrt auf, als zwei Weggefährten aus dem Nebel der Vergangenheit auftauchen: der Hauptdarsteller seines ersten gefeierten Films, der einen Text von Salvador ins Theater bringen möchte, ein ehemaliger Liebhaber, der längst eine Familie gegründet hat. Und schließlich, auf dem Höhepunkt seiner physischen Krise, scheint Salvadors Kreativität wieder zu erwachen.
Der spanische Regisseur Pedro Almodóvar mischt in seinem neuen, in Cannes gefeierten Film „Leid und Herrlichkeit“ Autobiografisches und Fiktion zu einem reifen, aber glücklicherweise nicht zu reifen Spätwerk. Der Protagonist – mit großer emotionaler Autorität  gespielt von Antonio Banderas, der praktisch das Gesicht der wilden jungen Filme von Almodóvar war – wirkt in sich gekehrt und erschöpft. Aber seine Wohnung in Barcelona erstrahlt im fröhlichen, farbigen Stilmix der postmodernen Achtziger, als »alles ging«;  seine Imagination lässt Szenen aus seiner Kindheit wie von der Sonne durchwärmt erglühen. Im Verlauf des Films wird zudem deutlich, dass Salvadors Hunger aufs Leben und vor allem: seine Leidenschaft für die Kunst nie ganz erloschen waren. Und die Meisterschaft von Almodóvars Inszenierung zeigt sich in der rauschhaften Überblendung dieser Sphären. Das reale »Leid« des alternden Mannes sublimiert sich in der »Herrlichkeit« der poetisch stilisierten filmischen Bilder. Leben wird Kunst – und die Kunst wirkt tröstend, mildernd ins Leben zurück. 

Film-Credits: Spanien 2019 - Produzent: Agustín Almodóvar - Regie: Pedro Almodóvar - Drehbuch: Pedro Almodóvar - Kamera: José Luis Alcaine - Schnitt: Teresa Font - Musik: Alberto Iglesias - Darsteller: Penélope Cruz (Jacinta Mallo), Antonio Banderas (Salvador Mallo), Leonardo Sbaraglia (Federico Delgado) - Verleih: StudioCanal GmbH, Neue Promenade 4, 10178 Berlin, Tel.:+49 030 81 09 69-0 , info@studiocanal.de, www.studiocanal.de - Preise: Internationale Filmfestspiele von Cannes 2019: Auszeichnung mit dem Cannes Soundtrack Award – Disque d'Or (Alberto Iglesias) Auszeichnung als Best bewerteter Film – Le Film français (Pedro Almodóvar) Auszeichnung als Bester Darsteller (Antonio Banderas) - Kinostart: 25.07.2019

Film des Monats Juni

Verleih: farbfilm verleih GmbH

Eine moralische Entscheidung (No Date, No Signature)
104 Minuten

Der Gerichtsmediziner Nariman wird bei der nächtlichen Heimfahrt auf einer Teheraner Schnellstraße so bedrängt, dass er einen Unfall verursacht. Er rammt ein Motorrad, auf dem Moosa mit seiner Frau und den beiden Kindern unterwegs ist. Nariman untersucht den achtjährigen Amir, der am schwersten gestürzt ist. Der Junge scheint aber nicht verletzt zu sein. Moosa möchte, dass Nariman die Polizei ruft. Dies geschieht nicht, da Narimans Autoversicherung abgelaufen ist. Stattdessen rät der Gerichtsmediziner der Familie, zur Untersuchung ins nahegelegene Krankenhaus zu fahren. Auch dies geschieht nicht. Am nächsten Morgen wird Amir tot in die Gerichtsmedizin eingeliefert. Die Obduktion ergibt, dass er an einer Fleischvergiftung gestorben ist. An Nariman nagen allerdings Zweifel, ob Amir nicht doch an den Unfallfolgen gestorben ist. Hat seine Kollegin, die Pathologin Behbahani, etwas übersehen? Ist in Wahrheit er schuld am Tod des Jungen?
Der iranische Regisseur Vahid Jalilvand wiegt in seinem Film das Gewicht der Schuld. Der gewissenhaft arbeitende Pathologe Nariman ist nach dem Unfall mit seinem eigenen Gewissen konfrontiert. Zunächst ist es ihm unmöglich, seine befreundete Kollegin über die Zusammenhänge zu informieren. Auf die Frage, warum er so reagiere, weiß er keine Antwort. Auch Moosa, der das verdorbene Huhn besorgte, kann den Vorwürfen seiner Frau nur antworten, dass er es nicht gewusst habe. Die Sprachlosigkeit der Männer und ihr Aktionismus setzen eine Dynamik in Gang, die alle Beteiligten beschädigt.
Vahid Jalilvand gibt keine einfache Antwort auf die Frage der Schuld. Die Menschen, die er zeigt, bewegen sich in den Graubereichen von Schuld und der Suche nach Gerechtigkeit. Gerade diese dynamische Unschärfe und die Vielschichtigkeit des Dramas sind fesselnd. Hervorragende Darsteller*innen, die eindringliche Kameraführung und seltene Einblicke in Arbeitsweisen des iranisch-islamischen Rechtssystems machen Eine moralische Entscheidung zu einem Meisterwerk.

Film-Credits: Iran 2017 - Produzent: Ehsan Alikhani, Ali Jalilvand - Regie: Vahid Jalilvand - Drehbuch: Vahid Jalilvand, Ali Zarnegar - Kamera: Morteza Poursamadi, Payman Shadmanfar - Schnitt: Vahid Jalilvand, Sepehr Vakili - Musik: Peyman Yazdanian - Darsteller: Amir Aghaei (Kaveh Nariman), Hedye Tehrani (Sayeh), Zakieh Behbahani (Leila), Saeed Dakh (Interrogato), Navid Mohammadzadeh (Moosa) - Verleih: farbfilm verleih GmbH - Boxhagener Str. 106, Berlin Tel.: 030 297 729 44, Fax: 030 297 729 79, info@farbfilm-verleih.de, www.farbfilm-verleih.de - FSK: ab 12 - Kinostart: 20. Juni 2019
 

Film des Monats Mai

Verleih: Grandfilm

Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen
(Îmi este indiferent daca în istorie vom intra ca barbari) 

140 Minuten

Die rumänische Schauspielerin Ioana Iacob stellt sich in der ersten Szene des Films als Schauspielerin Ioana Iacob vor, die im Film die Regisseurin Mariana Marin darstellen wird. Sie schaut dabei offen in die Handkamera und wünscht viel Spaß beim Filmschauen. Willkommen im Epischen Theater! Die Kamera folgt der Schauspielerin/Regisseurin durch die Ausstellungsräume eines Militärmuseums. Dutzende von Gewehren und Pistolen hängen an den Wänden. Eine Menge unterschiedlicher Uniformen sind ausgestellt. Draußen warten die Laienschauspieler, die beim Filmprojekt mitmachen. Es geht um die Nachstellung eines historischen Ereignisses: des Massakers an den Juden in Odessa 1941. Zwischen 1941-44 deportierte und ermordete die rumänische Armee unter dem Diktator Ion Antonescu über 300:000 Juden und Roma.
Detailreich entwickelt der (reale) Regisseur Radu Jude die Geschichte von Marianas Filmprojekt und verwebt sie originell mit Vergangenheit und Gegenwart. Jude zeigt in langen Einstellungen historische Fotos von Erhängten und Filmausschnitte, die Erschießungen dokumentieren. Einige der Laienschauspieler sehen Antonescu noch heute als Held. Von dem Diktator stammt auch das Zitat, das hier zum Filmtitel wurde. Immer wieder gibt es im Film Diskussionen über Wahrheit und Schuld. So über-zeugt das Reenactment. Die Gespräche zwischen Schauspielern, Produzenten, Schaulustigen und Regisseurin zeigen die aktuelle Spannung, die die Auseinandersetzung mit diesem dunklen Kapitel rumänischer Geschichte beinhaltet. Manchmal löst sie sich in Lachen. Am Ende entlädt sie sich in einem fulminanten Finale, das Fragen aufwirft. Vergangenheitsbewältigung kommt an kein Ende. Sie muss stetig aktualisiert werden, weil das Vergangene eben nicht vergangen ist. 

Film-Credits: Rumänien, Frankreich, Deutschland 2018 - Produzent: Ada Solomon - Regie und Drehbuch: Radu Jude - Kamera: Marius Panduru - Schnitt: Catalin Cristutiu - Darsteller: Ioana Iacob (Mariana), Alex Bogdan (Traian), Alexandru Dabija (Movila) - Format: DCP 140 min -Verleih: Grandfilm, Muggenhofer Str. 132d, Bau 74, 90429 Nürnberg, Tel.:+49 0911 810 96 671, verleih@grandfilm.de, www.grandfilm.de - Kinostart: 30.05.2019
 

Film des Monats April

Verleih: DCM

Van Gogh - An der Schwelle zur Ewigkeit (At Eternity's Gate)

1888 reist der Maler Vincent van Gogh von Paris ins südfranzösische Arles. Die Großstadt ist ihm zu hektisch, vor allem aber zu grau. Das Licht der Provence inspiriert ihn, zugleich hat er aber Schwierigkeiten, sich im Sozialleben der Provinz zurechtzufinden. Ein Besuch des Malers  Paul Gauguin bringt zunächst die erhoffte Gesellschaft, endet aber im Streit und mit der Abreise des Kollegen. In seiner Verzweiflung schneidet sich Van Gogh ein Stück seines linken Ohres ab und wird in eine Heilanstalt gebracht. Trotz der rührenden Fürsorge durch seinen Bruder Theo erfährt Vincent Zeit seines Lebens keinen künstlerischen Erfolg. Einsam und unter nie geklärten Umständen stirbt Van Gogh 1890 an den Folgen einer Schussverletzung.
Entlang dieser weitgehend bekannten Episoden aus dem Leben des großen holländischen Künstlers entfaltet Julian Schnabel eine filmisch essayistische Reflexion, die sehr viel weitergeht als ein klassisches Biopic. Zwischen dem erzählerischen Rahmen der Episoden setzt Schnabel verschiedene Mittel ein, um die Dringlichkeit spürbar zu machen, mit der Van Gogh gesucht und gearbeitet hat. Dies wird zum Beispiel in einem Dialog mit einem Pastor deutlich, dem Van Gogh erklärt, dass Gott ihm nur das Talent gegeben hat, malen zu können – und er demzufolge malen müsse. Wie weit Van Gochs künstlerischer Stil von der damals gängigen Konvention entfernt war, lässt sich im befremdeten Gesicht des Pastors eindrücklich studieren.
Was hat Van Gogh gesehen, wie hat er es gesehen, wie kommt es zu der pastosen Farbigkeit seiner längst zum visuellen Gedächtnis der Menschheit gehörenden Meisterwerke?  Julian Schnabel, selbst enorm erfolgreicher bildender Künstler, spürt diesen Fragen faszinierenderweise mit Bildern nach, die zunächst weit von Van Goghs Gemälden entfernt zu sein scheinen. Wir sehen vertrocknete Sonnenblumen, düstere Gassen in Arles und immer wieder Einstellungen, in denen das Bild durch einen Farbfilter und unscharfe Ränder fragmentiert wird. Erstaunlicherweise eröffnet genau dies den Raum für Imagination. Die Leistung Van Goghs, sein Genie, liegt darin, in der Natur, in den Gegenständen und auch in den Menschen etwas zu sehen, was zuvor noch niemand gesehen hat. Der Film „Van Gogh – an der Schwelle zur Ewigkeit“ reflektiert mithin die Frage nach Aufgabe und Sinn der menschlichen Existenz.

Film-Credits: Frankreich, USA, GB 2018 - Produzent: Jon Kilik - Regie: Julian Schnabel - Drehbuch: Jean-Claude Carrière, Julian Schnabel, Louise Kugelberg - Kamera: Benoît Delhomme - Schnitt: Louise Kugelberg, Julian Schnabel - Musik: Tatiana Lisovskaya - Darsteller: Willem Dafoe (Vincent Van Gogh), Oscar Isaac (Paul Gauguin), Mads Mikkelsen (Priester), Emmanuelle Seigner (Madame Ginoux) - Format: DCP 111 - Verleih: DCM; Schönhauser Allee 8, 10119 Berlin, Tel.:+49 030 88 59 74 0, Fax: +49 030 88 59 74 15, what@dcmteam.com, www.dcmworld.com - Preise: Internationale Filmfestspiele von Venedig 2018: Auszeichnung als Bester Schauspieler (Willem Dafoe) Satellite Awards 2018: Auszeichnung als Bester Filmschauspieler (Willem Dafoe) - Kinostart: 18.04.2019

Film des Monats März

Verleih: Wild Bunch Germany GmbH

The Sisters Brothers (The Sisters Brothers)
121 Minuten

Der Film The Sisters Brothers ist kein ganz gewöhnlicher Western. Er hat zwar die klassische Ausstattung eines Westerns: ein Brüderpaar, das zum Töten unterwegs ist, eine Menge schießfreudiger Männer, Saloonszenen, viel Pferd und einen ordentlichen Goldrausch. Aber es gelingt dem französischen Regisseur und Drehbuchautor Jacques Audiard von Anfang an, die Zuschauererwartungen zu unterlaufen.
So hat man eine Schießerei noch nicht gesehen: In pechschwarzer Nacht blitzen Mündungsfeuer auf, die Zuschauer und Protagonisten gleichermaßen im Dunkeln lassen, wer schießt und wer stirbt. So beginnt die Geschichte des mörderischen Brüderpaars Eli (John C. Reilly) und Charlie Sisters (Joaquin Phoenix). Im Oregon der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stellen geheimnisvolle mächtige Männer wie der "Commodore" das Gesetz der Region dar. In seinem Auftrag jagen die beiden Brüder den Ingenieur Hermann Kermit Warm (Riz Ahmed). Ihr Kontaktmann Jim Morris (Jake Gyllenhaal) macht ihnen dabei das Leben allerdings schwerer, als er sollte.
Wenn sich ein nachdenklicher Eli mit dem versoffenen Charlie streitet, entfalten die beiden witzige Dialoge von hohem Unterhaltungswert. Auf sehr komische Weise steht die Primitivität des Westerners mit den Errungenschaften der Zivilisation in Kontrast. Manchmal wird der Zuschauer unerwartet von Zärtlichkeit angerührt. Schon der Titel spielt mit dem männlichen Stereotyp von Grausamkeit und Härte. Eigentlich ist das Schießen in diesem Western, gerade weil es so reichlich vorkommt, nur Nebensache. Der Film entfaltet eine subtile Kritik an der amerikanischen Waffenverehrung und an der Zerstörung des Ökosystems. Er setzt hinter das Demokratieverständnis der USA ein Fragezeichen, wenn gerade der idealistische Vertreter dieser Idee scheitert. Der Film ist empfehlenswert, nicht nur weil er eine Literaturverfilmung und niveauvolle Unterhaltung ist, sondern auch weil er die Gewalt im Selbstbild der mächtigsten Nation intelligent diskutiert. 

Film-Credits: France, Spain, Romania, Belgium, USA 2018 - Produzent: Pascal Caucheteux, Michael De Luca, Alison Dickey, Michel Merkt, John C. Reilly, Grégoire Sorlat - Regie: Jacques Audiard - Drehbuch: Jacques Audiard, Thomas Bidegain - Kamera: Benoît Debie - Schnitt: Juliette Welfling - Musik: Alexandre Desplat - Darsteller: John C. Reilly, Joaquin Phoenix, Jake Gyllenhaal, Riz Ahmed, Carol Kane - Format: DCP 121 min - Verleih: Wild Bunch Germany GmbH - Holzstraße 30, 80469 München, Tel.: +49 89 444 55 66 44, Fax: +49 89 444 55 66 59, office@wildbunch-germany.de, www.wildbunch-germany.de - FSK: ab 12
 

Film des Monats Februar

Verleih: Universum Film GmbH

Vice: Der zweite Mann (Vice)
123 Minuten

Dick Cheney, einst Vizepräsident unter George W. Bush, gilt als einer mächtigsten Männer in diesem Amt. Ein Power Player, der im Hintergrund agierte. In Vice rückt Regisseur Adam McKay (The Big Short) den einflussreichen Strippenzieher ins Rampenlicht. In einer Mischung aus investigativem Journalismus, Spekulation und Comedy zeichnet Vice Dick Cheneys Lebensweg nach, von den frühen 1960er Jahren, als der junge Studienabbrecher aus Yale in Wyoming Hochspannungsleitungen verlegte, bis zu Cheneys Aufstieg in Washington in der Ära Nixon und seiner achtjährigen Amtszeit als Vizepräsident in der Bush-Regierung, als er die amerikanische Reaktion auf die Anschläge des 11. September 2001 und die Entscheidung für die militärische Invasion des Irak 2003 maßgeblich beeinflusste.
Eine Schlüsselszene zeigt uns einen Wendepunkt im Leben des jungen Cheney (Christian Bale) und macht dessen spätere Frau Lynne (Amy Adams) als treibende Kraft hinter seiner Karriere erkennbar. Nachdem Cheney zum wiederholten Mal stark alkoholisiert am Steuer seines Autos aufgegriffen wurde, liest sie ihm die Leviten. Sie verlangt, dass er etwas aus sich macht. Knapp vier Jahrzehnte später, als bereits eine beachtliche politische Karriere hinter Cheney liegt, will George W. Bush (Sam Rockwell) ihn für das Amt des Vizepräsidenten gewinnen. Doch Cheney, mittlerweile Vorstand des Energiekonzerns Halliburton, lehnt ab. Zu unbedeutend erscheint ihm das Amt. Dann aber wirft er geschickt seine Köder aus und überzeugt Bush davon, ihm die Verantwortung für das Militär, die Energiepolitik und die Auswärtige Politik zu übertragen.
Vice ist ein bedeutender Gegenwartsfilm, weil er anhand der Figur Dick Cheney und dessen Schlüsselrolle in der Bush-Regierung ein Kapitel der jüngeren amerikanischen Geschichte aufrollt, dessen Folgen bis in die Gegenwart reichen. Mit den Mitteln der Komik gelingt dem Film dies auf unterhaltsame Weise. Brillant sind die Darsteller. Christian Bale gewann für seine herausragende Leistung den Golden Globe.

Film-Credits: USA 2018 - Produzent: Brad Pitt, Dede Gardner, Jeremy Kleiner , Kevin J. Messick, Will Ferrell, Adam McKay - Regieund Drehbuch: Adam McKay - Kamera: Greig Fraser - Schnitt: Hank Corwin - Musik: Nicholas Britell - Darsteller: Christian Bale, Amy Adams, Steve Carell, Sam Rockwell - Format: DCP 132 - Länge: 123 Minuten- Verleih: Universum Film GmbH, Neumarkter Straße 28, München Tel.: 089 4136-9600, Fax: 089 4136-9871, www.universumfilm.de - FSK: Ohne Angabe 

Film des Monats Januar

Verleih: Alamode Film

Capernaum - Stadt der Hoffnung (Capharnaüm)
121 Minuten

Zain lebt mit seiner Familie in einem  Slum von Beirut. Eigentlich existiert er gar nicht: Er weiß nicht genau, wann er geboren wurde, hat keine Papiere und geht nicht zur Schule, sondern erledigt kleine Jobs. Seine Eltern sind bitterarm; sie halten sich und die Kinder über Wasser, indem sie Drogen ins Gefängnis schmuggeln. Als sie Zains elfjährige Schwester an einen sehr viel älteren Kleinhändler verheiraten – für ein paar Hühner – reißt der verzweifelte Junge aus. Auf einem Jahrmarkt lernt er die Äthiopierin Rahil kennen. Sie hat keinen legalen Aufenthaltsstatus im Libanon und ist allein mit ihrem Baby. Obwohl sie genug eigene Probleme hat, nimmt sie Zain in ihrer winzigen provisorischen Unterkunft auf. Während Rahil ihrer Arbeit als Putzkraft nachgeht, passt Zain auf den Kleinen auf. Von Rahil erfährt er zum ersten Mal so etwas wie Zuwendung. Und dann verschwindet die junge Frau.
Nadine Labakis mehrfach ausgezeichneter Film „Capernaum – Stadt der Hoffnung“ wäre als Sozialdrama unzureichend beschrieben. Schon die Rahmenhandlung, in der Zain vor Gericht Klage gegen seine Eltern führt – sie sollen keine Kinder mehr in die Welt setzen dürfen, weil sie sich nicht um die kümmern, die sie haben – gibt „Capernaum“ etwas Exemplarisches und Parabelhaftes. Die Geschichte selbst entfaltet sich als ein Crescendo des Elends, erschütternd und erschreckend in ihrer Ausweglosigkeit. Zain ist einfallsreich und zäh, ein kleiner Überlebenskünstler. Aber er hat keine Chance, wenn die Not so groß ist, dass selbst ein Kinderleben in Naturalien berechnet wird. Auf den Spuren des jugendlichen Protagonisten kriecht die bewegliche Kamera in alle Winkel der Stadt, durch staubige Straßen, enge Behausungen und überfüllte Gefängnisse, über hektische Märkte und heruntergekommene Rummelplätze. So entsteht das Bild einer überforderten Gesellschaft, das Porträt eines Landes, das im Kreuzfeuer der internationalen Politik buchstäblich aufgerieben wird.

Film-Credits: Libanon 2018 - Produzent: Michel Merkt, Khaled Mouzanar - Regie: Nadine Labaki - Drehbuch: Nadine Labaki, Jihad Hojaily, Michelle Keserwany - Kamera: Christopher Aoun - Schnitt: Konstantin Bock - Musik: Khaled Mouzanar - Darsteller: Zain Al Rafeea (Zain), Yordanos Shiferaw (Rahil), Boluwatife Treasure Bankole (Yonas) - Format: DCP 121 min. - Verleih: Alamode Film, Nymphenburger Str. 36, München Tel.:+49 089 179992-11, Fax: +49 089 179992-13,  info@alamodefilm.de, www.alamodefilm.de - Preise: Cannes 2018: Preis der Jury und der Ökumenischen Jury; Nominierung für den Oscar 2019 als bester nicht-englischsprachiger Film - FSK: ab 12 - Kinostart: 17.01.2019

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