Archiv 2017 - Evangelische Medienzentrale

Evangelische Medienzentrale

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Evangelische Medienzentrale Frankfurt

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Film des Monats Dezember

Verleih: Salzgeber & Co. Medien GmbH

120 BPM

144 Minuten

Frankreich in den frühen 90ern. Seit zehn Jahren wütet die Aids-Epidemie, aber die Regierung Mitterand spielt das Problem herunter. In der Pariser Gruppe der 1987 in New York gegründeten Organisation Act Up kämpfen Schwule, Lesben und Vertreter anderer Risikogruppen für Aufklärung und medizinische Betreuung. Mit drastischen, öffentlichkeitswirksamen Aktionen soll Druck auf Politik und Wirtschaft ausgeübt werden, aktuell die Firma Melton Pharm, die Forschungsergebnisse zurückhält. Neulinge wie Nathan lernen, wie man Kunstblut anrührt und sich im Fall einer Verhaftung verhält. Bei den hitzigen wöchentlichen Treffen kommt Nathan dem flamboyanten Sean nahe. Der gehört zu den Act-Up-Mitgliedern, die bereits infiziert sind. Als Sean beginnt, Symptome zu zeigen, zieht Nathan sich nicht zurück: Es entwickelt sich eine Beziehung, die schwersten Belastungen trotzt.
Der Regisseur und Autor Robin Campillo war selbst bei Act Up aktiv, und die gelebte Erfahrung merkt man seinem in Cannes gefeierten Film an. Ebenso mitreißend wie genau im Detail schildert „120 BPM“ (die Zahl der menschlichen Herzschläge pro Minute) eine sozial und hinsichtlich der sexuellen Orientierung gemischte Szene, die kreativ und informiert um eine gemeinsame politische Praxis ringt. Das vordergründig „historische“ Thema – mit Aids kann man im Westen heute lange leben, gerade wurde ein neues, immunisierendes Medikament lanciert – wird in der vitalen Inszenierung sehr aktuell: Dahinter steht die prinzipielle Frage, welche Mittel nötig und sinnvoll sind, um in einer gleichgültigen Gesellschaft die Interessen marginalisierter Gruppen durchzusetzen. Darüber hinaus erzählt „120 BPM“ eine schwule Liebesgeschichte, die – anders als in den eher defensiven Anti-Aids-Filmen der ersten Welle - eine hinreißende Selbstverständlichkeit hat: sinnlich, sexy und vital fast bis zum Ende. Den Anspruch, den Körper, das Gefühl und die Politik zusammenzudenken, erfüllt Campillo auf beeindruckende Weise. Für Betroffene ist sein Film Ermutigung und Bestätigung, für alle anderen – Aufklärung im besten Sinn. 

Film-Credits: Frankreich 2017 - Produzent: Les Films de Pierre, Hugues Charbonneau, Marie-Ange Luciani - Regie: Robin Campillo - Drehbuch: Robin Campillo - Kamera: Jeanne Lapoirie - Schnitt: Robin Campillo - Musik: Arnaud Rebotini - Darsteller: Nahuel Pérez Biscayart (Sean), Arnaud Valois (Nathan), Adèle Haenel (Sophie), Antoine Reinartz (Thibault), Félix Maritaud (Max), Ariel Borenstein (Jérémie) u.a. - Format: Farbe, DCP 144 Min. - Verleih: Salzgeber & Co. Medien GmbH, Mehringdamm 33, Berlin Tel.:+49 030 285 290 90, Fax: +49 030 285 290 99, info@salzgeber.de, www.salzgeber.de - Preise: Grand Prix, Cannes 2017 - Kinostart: 30. November 2017


Film des Monats November

Verleih: Alamode Film

Human Flow

140 Minuten

65 Millionen Menschen sind heute weltweit auf der Flucht – die größte Migrationsbewegung seit dem Zweiten Weltkrieg. Die Ursachen sind vielfältig: Krieg und Terror, Armut und Umweltkatastrophen. Der Dokumentarfilm des Konzeptkünstlers Ai Weiwei, der in China als Dissident verfolgt wurde und heute in Berlin lebt, entwirft das ganz große Bild: der „Human Flow“ - das sind Flüchtende im griechischen Idomeni und in der Türkei, im Libanon, in Jordanien, in Bangladesch, Afghanistan, der Subsahara, im Gazastreifen und an der mexikanisch-amerikanischen Grenze. Über ein Jahr hat Ai Weiwei mit mehreren Teams die Zustände in den Camps und auf den beschwerlichen, oft tödlichen Reisen gefilmt. Und er zeigt auch die fürchterliche Effektivität, mit der die EU an ihren Außengrenzen das „Flüchtlingsproblem“ entsorgt. Während der Libanon mit seinen vier Millionen Einwohnern eine Million Flüchtende beherbergt, drängt  das reiche Deutschland über das Türkei-Abkommen eine weit geringere Zahl in die Rechtlosigkeit.

Um eine dezidiert politische Analyse ist es dem Film allerdings nicht zu tun. Auf den unwürdigen Streit über die Details des Asylrechts, das eine der großen Errungenschaften der Nachkriegsordnung war und seit Jahrzehnten ausgehöhlt wird, lässt Ai Weiwei sich nicht ein – er beharrt darauf, dass den Flüchtenden ausnahmslos geholfen werden muss. Das ist eine radikale Setzung, die sich in der Form spiegelt – sie wirkt eher „poetisch“ als klassisch dokumentarisch. Nur gelegentlich kommen Helfer und Experten von Menschenrechtsorganisationen zu Wort. Meist schmiegt sich der Strom der Bilder dem „Flow“ der Menschen an : Fast monumentale Luftansichten riesiger Flüchtlingscamps und verstreuter Migranten wechseln mit bewegend intimen Szenen, die zeigen, wie wichtig die kleinen Dinge im Alltag der Flüchtenden sind – und wie persönlich ihr Verlust ist. So gelingt dem Film das Kunststück, die ungeheure Dimension der globalen Wanderungsbewegungen vorzuführen, ohne den Einzelnen und seine Not an die Statistik zu verraten. 

Film-Credits: Deutschland 2017 - Produzent: Ai Weiwei, Chin-Chin Yap, Heino Deckert - Regie: Ai Weiwei - Drehbuch: Chin-Chin Yap, Tim Finch, Boris Cheshirkov - Kamera: Ai Weiwei, Murat Bey, Christopher Doyle, Hunag Wenhai, Konstantinos Koukoulis, Renaat Lambeets, Li Dongxu, Lv Hengzhong, Ma Yan, Johannes Waltermann, Xie Zhenwei, Zhang Zanbo - Schnitt: Niels Pagh Andersen - Musik: Karsten Fundal - Format: DCP, Farbe 140 Min. - Verleih: NFP marketing & distribution, Kantstraße 54, Berlin Tel.: 030 32909 413, Fax: 030 32909 419, www.nfp.de - Kinostart: 16. November 2017

Film des Monats Oktober

Verleih: Alamode Film

The Square

145 Minuten

Christian ist im besten Alter, attraktiv, eloquent, geschieden. Die beiden Kinder leben bei seiner Frau, und so kann er sich seiner Karriere widmen: Er arbeitet als Chefkurator eines großen Museums für zeitgenössische Kunst in Stockholm. In dieser Szene kann es nicht schaden, wenn man eine auffällige Brille trägt, Elektroauto fährt und linksintellektuell ist. Bei Christian läuft es gut; gerade hat ein Sponsorenpaar viel Geld auf den Tisch gelegt, und das Museum konnte eine aufregende neue Installation anschaffen: The Square, ein Quadrat im öffentlichen Raum, das jedem, der es betritt, Schutz bieten soll, und den, der es betrachtet, zur Solidarität auffordert. Ein Trickbetrug auf der Straße, der Christian um Brieftasche und Handy bringt, und eine aus dem Ruder laufende Marketingkampagne für den Square stellen jedoch den Kurator und schließlich die ganze Kulturschickeria der Stadt auf die Probe: Ihre  freigeistige, politisch korrekte Haltung wird vom Alltag herausgefordert.Sitzt da Julian Schnabel in seinem Pyjama? Ist das ein Ai Weiwei im Hintergrund? Der schwedische Regisseur Ruben Östlund, der für „The Square“ in Cannes die Goldene Palme bekam, kennt sich in der Kunstszene gut aus – sein Film steckt voller Anspielungen und Verweise. Aber er setzt keine Insiderkenntnisse voraus. Denn im Verlauf der klug gebauten Geschichte, aus der komische, dialog- und pointenreiche Einzelszenen wie Sketche herausragen, dringt immer mehr „Welt“ ins abgehobene Spiel der Künstler und Kulturfunktionäre, der Feuilletonisten und Sponsoren. Die Entwicklung kulminiert in Christians Konfrontation mit einem Kind aus einer Migrantenfamilie, das in Verdacht geraten ist, sein Handy gestohlen zu haben. Der Kurator steht nun gewissermaßen selbst am Square, müsste eine Entscheidung treffen, die auf Empathie gegründet ist. Satirisch, aber mit feinem Gespür für die Mikrostrukturen sozialen Verhaltens schildert  „The Square“ eine Gesellschaft, die sich einen liberalen Habitus leisten kann, in der „Solidarität“ am Ende aber nicht mehr ist als ein Lippenbekenntnis. 

Film-Credits: Schweden, Deutschland, Frankreich, Dänemark 2017 - Produzent: Erik Hemmendorf, Philippe Bober, Plattform Produktion - Regie: Ruben Östlund - Drehbuch: Ruben Östlund - Kamera: Frederik Wenzel - Schnitt: Jacob Secher Schulsinger - Darsteller: Claes Bang (Christian), Elisabeth Moss (Anne), Dominic West (Julian), Terry Notary (Oleg), Christopher Læssø (Michael), Marina Schiptjenko (Elna), Elijandro Edouard (Pojken) u.a. - Format: DCP, Farbe 145 Min. - Verleih: Alamode Film, Nymphenburger Str. 36, München Tel.:+49 089 179992-11, Fax: +49 089 179992-13,  info@alamodefilm.de, www.alamodefilm.de - Kinostart: 19. Oktober 2017

Film des Monats September

Verleih: Alamode Film

Körper und Seele (Teströl és lélekr öl)

116 Minuten

Maria ist eine schwierige Mitarbeiterin. Von ihren Arbeitskollegen im Schlachthof wird die neue Qualitätskontrolleurin misstrauisch aufgenommen, weil sie wie erstarrt, ordnungsbesessen, einsilbig und unzugänglich wirkt. Endre, der Leiter des Schlachthofs, versucht vorsichtig, Kontakt zu ihr aufzunehmen. Sein gelähmter Arm ist auch Sinnbild für seine innere Lähmung. Er hat sich nach zahlreichen emotionalen Enttäuschungen in seine Welt zwischen Arbeitsplatz, Fast-Food-Restaurant und Fernsehcouch zurückgezogen. Nach einem Diebstahl werden Mitarbeiter des Schlachthofs von einer Psychologin befragt. Dabei stellt sich heraus, dass Maria und Endre nachts den gleichen Traum hatten. Sie träumten von einem Hirsch und einer Hirschkuh, die in einem winterlichen Wald ein Paar bilden. Das gemeinsame Träumen setzt sich fort und bringt die beiden trotz aller Ängste und Widerstände einander näher. Dennoch scheint ihre Beziehung an unüberwindlichen Schranken zu scheitern.
Bis es zu einer dramatischen Wendung kommt. Ein Schlachthof ist ein ungewöhnlicher Ort für eine behutsam erzählte Liebesgeschichte. Doch gerade in der Spannung zum emotionalen und sinnlichen Prozess zwischen Maria und Endre erhält dieses Setting seine besondere Bedeutung. Wo einerseits die Tiere zum toten Material werden, geht es  andererseits um die lebendige Öffnung von in sich verschlossenen Menschen füreinander. Der gemeinsame Traum, ebenso Märchenwunder wie filmisch evidente Szene, liefert dafür den Schlüssel. Und ein Bild dafür, wie sehr Körper und Seele in ihren Tiefenstrukturen unfassbar sind. Die Hauptfiguren sind nicht nur introvertiert, sondern Verwundete; mit ihren Leiden reagieren sie auf gesellschaftliche Verhältnisse, die den Menschen freie, zärtliche und fürsorgliche Beziehungen oft genug verweigern. Der Schlachthof ist dafür ein beispielhafter Ort. Im Vertrauen auf ihre Träume, auf Märchen, Wunder, Filme, auf andere Erzählungen und Erzählungen des Anderen können sie die Kraft finden, sich über diese Begrenzungen hinwegzusetzen.

Film-Credits: Ungarn 2017 - Produzent: Mónika Mécs, András Muhi, Ernö Mesterházy - Regie: Ildikó Enyedi - Drehbuch: Ildikó Enyedi - Kamera: Máté Herbai - Schnitt: Károly Szalai - Musik: Adám Balázs - Darsteller: Alexandra Borbély (Maria), Géza Morcsányi (Endre), Réka Tenki (Klára), Zoltán Schneider (Jenö), Ervin Nagy (Sándor) u.a. - Format: DCP, Farbe 116 Min. - Verleih: Alamode Film, Nymphenburger Str. 36, München Tel.:+49 089 179992-11, Fax: +49 089 179992-13,  info@alamodefilm.de, www.alamodefilm.de - Preise: Goldener Bär und Preis der Ökumenischen Jury, Berlin 2017 - Kinostart: 21. September 2017

Film des Monats August

Verleih: Weltkino Filmverleih GmbH

The Party

71 Minuten

Janet ist zur Gesundheitsministerin im Schattenkabinett der Oppositionspartei ernannt worden. Sie lädt Freundinnen und Freunde ein, um diesen politischen Karrieresprung zu feiern. Ihr Ehemann Bill ist Akademiker, der gedankenverloren im Wohnzimmer Wein trinkt und Musik hört. April, Janets beste Freundin, kommentiert mit spitzen Bemerkungen die esoterischen Lebensweisheiten ihres Ehemanns Gottfried. Nach ihnen erscheint das lesbische Paar Martha und Jinny. Die weit jüngere Jinny erwartet nach einer künstlichen Befruchtung Drillinge, ausgerechnet drei Jungens. Schließlich taucht der junge Banker Tom auf, dessen Ehefrau später zur Feier kommen will. Er schnupft Kokain und hat eine Pistole dabei, die er verstecken will. Als Bill Janet gesteht, dass er sie wegen einer anderen Frau verlassen wird, führt dies bei allen zu grundlegenden Anfragen an ihre Beziehungen, politischen Überzeugungen und Gewissheiten.
„The Party“ ist ein Kammerspiel, bei dem sowohl die individuellen Gefühle als auch die politischen Überzeugungen der Protagonisten einer kritischen Überprüfung unterzogen werden. Wie überzeugend ist die versprochene Liebe oder die beabsichtigte Gerechtigkeit? Gefühle sind nicht so eindeutig wie sie scheinen. Intellektuelle Aufrichtigkeit stößt mit unbefriedigten Bedürfnissen und Wünschen zusammen. Die Vorstellung von einem selbstbestimmten Leben begegnet vielfachen emotionalen, aber auch politisch-gesellschaftlichen Abhängigkeiten. Pointierte Dialoge, großartige Darsteller und perfektes Timing machen „The Party“ zu einer Gesellschaftskomödie in der Tradition Oscar Wildes. Und zu einem großen Vergnügen. Dabei stellt der in Schwarz-Weiß gedrehte Film die Frage, wie wahrhaftig Menschen miteinander umgehen, wie schmerzhaft und bitter die Wahrheit ist und wie sehr sie auf Verzeihen und Rücksicht angewiesen sind.

Film-Credits: Großbritannien 2017 - Produzent: Adventure Pictures, Christopher Sheppard, Kurban Kassam - Regie: Sally Potter - Drehbuch: Sally Potter - Kamera: Alexey Rodionov - Schnitt: Anders Refn, Emilie Orsini - Darsteller: Patricia Clarkson (April), Bruno Ganz (Gottfried), Cherry Jones (Martha), Emily Mortimer (Jinny), Cillian Murphy (Tom), Kristin Scott Thomas (Janet), Timothy Spall (Bill) - Format: DCP, Schwarz-Weiß 71 Min. - Verleih: Weltkino Filmverleih GmbH, Karl-Tauchnitz-Straße 6, 04107 Leipzig, Tel.: 0341 21339 111, Fax: 0341 21339 303, info@weltkino.de, www.weltkino.de - Kinostart: 27. Juli 2017

Film des Monats Juli

Verleih: Grandfilm

Der Tod von Ludwig XIV. (La mort de Louis XIV)

115 Minuten

Der „Sonnenkönig“ Ludwig der XIV. liegt im Sterben. Im August 1715 erkrankt er an Wundbrand im linken Bein. Die Diagnose der Ärzte des Hofes ist falsch, sein Zustand verschlechtert sich von Tag zu Tag. Alle Behandlungsversuche sind erfolglos. Der Repräsentant absoluter Macht, von dem der Ausspruch „Der Staat bin ich“ stammt, ist immer weniger in der Lage, die politischen Geschäfte zu führen. Umgeben von Hofbeamten und Ärzten kann er das Bett nicht mehr verlassen. Die Amputation seines Beines lehnt er ab, obwohl sein erster Chirurg eine Gewebsnekrose diagnostiziert hat. Er beginnt, sich in christlicher Tradition auf seinen Tod vorzubereiten und legt die Beichte ab. Schließlich empfängt er die Sterbekommunion und letzte Ölung durch den Großkaplan von Frankreich. Seinem Urenkel, dem späteren Ludwig XV, gibt er letzte Ratschläge auf den Weg. Auch der Rettungsversuch eines selbsternannten „Wunderheilers“ scheitert. Der König fällt ins Koma und stirbt. Die Ärzte obduzieren seine Leiche.
Der Film porträtiert das Sterben der bedeutsamsten Figur des französischen Absolutismus. Auch die Sonne des „Sonnenkönigs“ geht unter, ihr Lauf ist begrenzt. Dennoch dominiert der Sterbende nahezu jede Einstellung: seine Mimik und Gestik, seine langsamen Bewegungen, der vom Fieber gezeichnete Körper und die schwächer werdende Sprache stehen im Zentrum der Aufmerksamkeit. Jean Pierre Léaud spielt Ludwig XIV. mit einer Intensität, die seinem Dahinschwinden eine ungeheure Wirkung verleiht. An der Macht hat der König immer weniger teil, aber noch ist er die absolute Bezugsgröße. Im Wechselspiel von Nähe und Distanz wird das Publikum in eine Reflexion über das Verhältnis von Biologie und Kultur, von Körperlichkeit und Bildlichkeit hineingezogen. Angesichts des absolutistischen Machtanspruchs, der sich für allmächtig, ja geradezu gottgleich hält, tritt die Endlichkeit des Lebens umso stärker hervor. Wie es im Psalm heißt: „Lehre uns bedenken, dass wir sterben müssen, auf dass wir klug werden“.

Film-Credits: Frankreich, Spanien, Portugal 2017 - Produzent: Capricci Films - Regie: Albert Serra - Drehbuch: Albert Serra, Thierry Lounas - Kamera: Julien Hogert, Artur Tort - Schnitt: Ariadne Ribas, Artur Tort, Albert Serra - Musik: Marc Verdaguer - Darsteller: Jean-Pierre Leaud (Ludwig XIV:), Patrick d'Assumçao (Fagon, Arzt), Marc Susini (Blouin, Erster Kammerdiener), Irène Silvagni (Madame de Maintenon), Bernard Belin (Maréchal, Chirurg) - Format: DCP, Farbe 115 Min. - Verleih: Grandfilm, Muggenhofer Str. 132d, Bau 74, 90429 Nürnberg, Tel.:+49 0911 810 96 671, verleih@grandfilm.de, www.grandfilm.de - Kinostart: 29. Juni 2017

Film des Monats Juni

Verleih: NFP marketing & distribution

Life, Animated

91 Minuten

Mit drei Jahren hört Owen plötzlich auf zu sprechen. Für die Eltern ist es, als sei ihr Kind „entführt“ worden. Die Diagnose: eine schwerwiegende Entwicklungsstörung – Autismus. Die Familie Suskind, die glücklicherweise gut situiert ist, lässt sich beraten, sucht Therapiemöglichkeiten für ihren zweitgeborenen Sohn. Doch Owen schweigt, niemand scheint zu ihm durchzudringen. Bis er eines Tages ein paar seltsame Silben von sich gibt: einen Satzfetzen aus einem Zeichentrickfilm. Die gefühlvollen Märchen und Musicals der Firma Disney werden für die Familie zum Mittel der Verständigung; Owen helfen sie dabei, sich über seine Bedürfnisse klar zu werden und eine als chaotisch empfundene Umwelt gedanklich zu ordnen.  Er lernt sprechen, lesen, schreiben, zeichnet Bildergeschichten, die das Disney-Universum erweitern, und findet Freunde. Mit Anfang 20 fühlt er sich sicher genug, in ein betreutes Wohnprojekt zu ziehen und einen Job anzunehmen – in einem Kino.
Autismus mag nicht „heilbar“ sein. Aber es gibt Unterschiede in der Lebensqualität für die Betroffenen und ihre Angehörigen. „Life, Animated“ von Roger Ross Williams erzählt die Geschichte der amerikanischen Familie Suskind in einem lockeren, aber pointierten Mix aus Interviews, alten Familienvideos und animierten Szenen, die Owens eigene Comics nachempfinden und umranken. Das ergibt am Ende keine Fallstudie, sondern weist weit über die besondere Situation der Suskinds hinaus. Hinter der scheinbar naiven, manischen Filmleidenschaft des Autisten verbirgt sich eine Alltagspraxis: Es zeigt sich an Owens Beispiel, wie Zuschauer oder Leser Kultur selbst in der Form der „Unterhaltungsware“ dazu nutzen, das eigene Leben zu deuten, wie sie die Fiktionen von Kino, Comic, Literatur mit ihrer persönlichen Erfahrung vermitteln. Die Inszenierung des Films nimmt in ihrem gefühlvollen, zugewandten und ermutigenden Gestus dieses Thema auf: als wolle sie uns fragen, ob wir bereit sind, uns rühren zu lassen.

Film-Credits: USA 2015 - Produzent: Motto Pictures Production, Roger Ross Willimas, Julie Goldmann - Regie: Roger Ross Williams - Drehbuch: Roger Ross Williams, David Teague - Kamera: Tom Bergmann - Schnitt: David Teague - Musik: T. Griffin - Format: DCP, Farbe 91 Min. - Verleih: NFP marketing & distribution, Kantstraße 54, Berlin Tel.: 030 32909 413, Fax: 030 32909 419, www.nfp.de - Kinostart:
22. Juni 2017

Film des Monats Mai

Verleih: Splendid Film GmbH

Jahrhundertfrauen (20th Century Women)

118 Minuten

1979 im kalifonischen Santa Barbara: Dorothea ist Mitte 50 und alleinerziehende Mutter des 15-jährigen Jamie. Sie arbeitet als Zeichnerin in einem Architekturbüro voller Männer, mit denen sie nicht ausgehen will. In ihrem großen Haus hat sie ein Zimmer an die Fotografin und Punkerin Abbie vermietet, die wegen einer Krebsdiagnose aus New York geflohen ist. Auch der Ex-Hippie William nutzt ein Zimmer, renoviert das Haus und repariert Autos. Die 17-jährige Nachbarin Julie verbindet eine platonische Freundschaft mit Jamie. Diese Hausgemeinschaft beeinflusst die Entwicklung Jamies, der auf der Suche nach seinem eigenen Ort ist. Er muss sich mit den Erfahrungen der Mutter, dem Feminismus Abbies, den Vorstellungen von Sexualität und Schwangerschaft bei Julie und der passiven Freundlichkeit Williams auseinandersetzen. Nichts mehr scheint selbstverständlich, denn wie bisher geht es nicht weiter. Wo und wie findet Jamie das Vertrauen, das seinem Leben Orientierung gibt?
Wie unter einem Brennglas kommen in dem Film drei Frauengenerationen zusammen, die einen grundlegenden Umbruch der Geschlechterbeziehungen signalisieren. Die traditionellen Wertvorstellungen der Müttergeneration, die Protesthaltung der „Baby-Boomer“ und die individuelle Freiheit der „Generation X“ treffen in den Frauenfiguren aufeinander und machen die gesellschaftliche Vertrauenskrise, von der US-Präsident Carter 1979 in einer berühmten Rede spricht, zur persönlichen Erfahrung. Der autobiografisch grundierte Film wirkt durch seinen Humor, die Konkretheit im Detail und die schauspielerischen Leistungen, in denen die widersprüchlichen Gefühle und Lebensansprüche lebendig werden. Was es heißt, eine unabhängige Frau zu sein und was dies für die Männer bedeutet, ist die offene Frage in einer Gesellschaft gleichberechtigten Miteinanders. Charakteristisch für die Krise sind der Abschied von Vertrautem und der Blick in eine unbekannte Zukunft, die auch den Tod einschließt.

Film-Credits: USA 2016 - Produzent: Annapurna Pictures, Megan Ellison; Archer Grey, Anne Carey; Youree Henley - Regie: Mike Mills - Drehbuch: Mike Mills - Kamera: Sean Porter - Schnitt: Leslie Jones - Musik: Roger Neill - Darsteller: Annette Benning (Dorothea), Greta Gerwig (Abbie), Elle Fanning (Julie), Billy Crudup (William), Lucas Jade Zumann (Jamie) u.a. - Format: DCP, Farbe 118 Min. - Verleih: Splendid Film GmbH, Alsdorfer Straße 3, 50933 Köln, Tel.: 089 4200381, andreas.arnhold@splendid-film.com, http://splendid-film.de/ - Kinostart: 18. Mai 2017 

Film des Monats April

Verleih: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG

Die andere Seite der Hoffnung (Toivon tuolla puolen)

98 Minuten

Khaled kommt als „schwarzer Mann“ im Hafen von Helsinki an, buchstäblich: In einem Frachtschiff hatte sich der junge Syrer unter einer Ladung Kohlen verborgen. Frisch geduscht begibt er sich zur Polizei und bittet um Asyl. Sein Fall scheint klar: Khaled hat im umkämpften Aleppo fast seine ganze Familie verloren, und auf der leidvollen Flucht über die Balkanroute wurde er auch noch von seiner Schwester getrennt. Aber Syrien ist als Bürgerkriegsland bei den Finnen nicht anerkannt – Khaled wird in die Illegalität gedrängt. Hilfe findet er ausgerechnet bei dem stoischen Herrn Wikström, der seine Frau verlassen und seinen Hemdenhandel aufgegeben hat, um mit einem Pokergewinn eine heruntergekommene Gaststätte auf Vordermann zu bringen. Obwohl Wikström seine eigenen Angestellten kaum bezahlen kann, gibt er Khaled einen Job und besorgt ihm einen falschen Pass.
Mit „Die andere Seite der Hoffnung“ knüpft Aki Kaurismäki an seinen letzten Film „Le Havre“ an, der ebenfalls um die Frage kreiste, wie die Menschen in Europa auf die Flüchtlinge aus den südlichen Krisengebieten reagieren. Neu ist, wie dezidiert Kaurismäki die Geschichte von Khaled ans aktuelle politische Geschehen anbindet – der Meister des Märchenhaften und Metaphorischen mischt hier Nachrichtenbilder vom zerstörten Aleppo in seine schön komponierten, farbsatten Tableaus und lässt seinen Protagonisten so ruhig und präzise aus seinem Leben erzählen, dass das Elend der Migration sehr real wird. Skurril und stilisiert erscheint dagegen das finnische Personal des Films, die Gesellschaft um den Kneipier Wikström. Aber auch diese Menschen haben ihre eigenen Sorgen und Nöte – sie leben in prekären Verhältnissen, und es fehlt ihnen an Erfahrung im Umgang mit anderen Kulturen. Indem Kaurismäki diese sehr unterschiedlichen Welten verbindet und überblendet, konterkariert er die Vorstellung vom Clash der Kulturen, von der Zuwanderung als Anschlag auf die westliche Lebensart. Und das „Märchenhafte“, die wundersame Selbstverständlichkeit, mit der dem Flüchtling hier geholfen wird, sagt: Humanität erweist sich in der Praxis.  

Film-Credits: Finnland 2017 - Produzent: Sputnik Oy, Oy Bufo Ab, Pandora Film - Regie: Aki Kaurismäki - Drehbuch: Aki Kaurismäki - Kamera: Timo Salminen - Schnitt: Samu Heikkilä - Darsteller: Sherwan Haji (Khaled), Skari Kuosmane (Wikström), Ilkka Koivula (Calamnius), Janne Hyytiäinen (Nyrhinen), Nuppu Koivu (Mirja) u.a. - Format: Farbe, 35mm/2K DCP 98 Min. - Verleih: Pandora Film GmbH & Co. Verleih KG - Lamprechtstr. 11a, 63739 Aschaffenburg, Tel.:+49 06021 150 66-0, Fax: +49 06021 150 66-19, verleih@pandorafilm.com, http://www.pandorafilm.de/ - Preise: Silberner Bär (Beste Regie), Berlinale 2017 - FSK: ab 6 - Kinostart: 30. März 2017  

Film des Monats März

Verleih: DCM

Moonlight

111 Minuten

In einem ärmlichen Viertel von Miami wächst der zehnjährige Schwarze Chiron auf. Er wird „Little“ gerufen, von seiner alleinstehenden und drogenabhängigen Mutter vernachlässigt und gilt unter den Mitschülern als Außenseiter. Als er vor ihren Attacken flieht, nimmt sich Juan, ein Drogendealer kubanischer Herkunft, seiner an. Er und seine Freundin Teresa werden für Chiron zu Vater- und Mutterersatz. Als Jugendlicher kämpft Chiron mit seiner Zuneigung zu Kevin, einem Schulkameraden. Der Zustand seiner Mutter hat sich verschlechtert und ein gewalttätiger Angriff auf dem Schulhof verändert sein Leben nachhaltig. In Atlanta hat er sich als Erwachsener ein neues Leben aufgebaut. Er wird mit seinem Gangnamen „Black“ gerufen. Doch ein Anruf aus Miami ruft Erinnerungen wach. Er besucht seine Mutter in einer Entzugsklinik und findet zu ihr neue emotionale Nähe. Schließlich trifft er den Jugendfreund Kevin wieder. Endlich können beide offen über ihre Gefühle füreinander sprechen.
In den drei Kapiteln des Films wird vom Kind über den Jugendlichen bis zum Erwachsenen der Entwicklungsprozess eines Schwarzen erzählt, der unter schwierigsten sozialen und persönlichen Bedingungen heranwächst. Verletzbar und ohnmächtig sucht er seinen Platz in der Gesellschaft. Was es heißt, anders als die Mehrheit zu empfinden und in einem von Gewalt geprägten Milieu sich behaupten zu müssen, macht der Film in einer geschickten Mischung von dramatischen und emotionalen Momenten deutlich. Der im Original glänzend getroffene Jargon, die Körperlichkeit der Darstellung und eine bewegliche, wechselnde Perspektiven eröffnende Kamera verleihen der Persönlichkeit Chirons plastisches Profil. Entstanden ist dabei das sensible Porträt eines Menschen und seiner sozialen Welt, die Diskriminierung und Marginalisierung ausgesetzt sind und sich selbst überlassen bleiben. Der Film nimmt ihre Würde ernst und sensibilisiert für die Eigenart und Verletzlichkeit jedes einzelnen.

Film-Credits: USA 2016 - Produzent: Adele Polanski, Dede Gardner, Jeremy Kleiner - Regie: Barry Jenkins - Drehbuch: Barry Jenkins - Kamera: James Laxton - Schnitt: Nat Sanders, Joi McMillon - Musik: Nicholas Britell - Darsteller: Alex Hibbert (Little), Ashton Sanders (Chiron), Trevante Rhodes (Black), Mahershala Ali (Juan), Janelle Monáe (Teresa), Naomie Harris (Paula) u.a. - Format: Farbe, Cinemascope 111 Min. - Verleih: DCM, Schönhauser Allee 8, 10119 Berlin, Tel.:+49 030 88 59 74 0, Fax: +49 030 88 59 74 15, what@dcmteam.com, https://dcmworld.com/ - Kinostart: 9. März 2017 

Film des Monats Februar

Verleih: Prokino Filmverleih GmbH

The Salesman (Forushande)

125 Minuten

Wohnungen sind ein knappes Gut im heutigen Teheran. Als das junge Ehepaar Emad und Rana seine Wohnung wegen Einsturzgefahr des Hauses – ausgelöst durch Bauarbeiten auf dem Nachbargrundstück – verlassen muss, findet es nur mühsam eine neue Unterkunft. Emad unterrichtet tagsüber in einer Jungenschule, am Abend probt er gemeinsam mit Rana in einem Theaterensemble Artur Millers Drama „Tod eines Handlungsreisenden“. Ihr Kollege Babak bietet ihnen spontan ein leerstehendes Apartment an, das ihm gehört. Als sie einziehen, finden sie in einem der Räume nicht abtransportierte Habseligkeiten ihrer Vormieterin, die offenbar eine Prostituierte war. Rana wird, während sie unter der Dusche steht, von einem unbekannten Eindringling attackiert und schwer misshandelt. Sie muss ins Krankenhaus, wirkt traumatisiert, will aber keine Anzeige bei der Polizei erstatten. Emad versucht herauszufinden, wer der Täter ist. Aber wem hilft es, alles aufzudecken, wenn dabei Existenzen zerstört werden?
Der Film erzählt die Geschichte eines Paares aus der urbanen iranischen Mittelschicht. Sie sind gebildet, an Kultur interessiert und führen eine gleichberechtigte Ehe. Durch den Verlust der Wohnung werden sie beide mit völlig neuen Herausforderungen konfrontiert und durch eine Gewalttat vor existenzielle Fragen gestellt. Wie in Millers Drama aus dem New York der Nachkriegszeit funktionieren auch die gewohnten Sicherheiten im gegenwärtigen Teheran nicht mehr. Die Rollen auf der Bühne werden zu Spiegelbildern des sozialen Lebens. Sowohl im Verhältnis untereinander als auch zu ihrer Umgebung müssen Emad und Rana sich neu orientieren. Dabei gelingt es Regisseur Asghar Farhadi, der Suche nach dem Gewalttäter, dem Thema von Strafe und Schuld und dem schwierigen Umgang mit einer traumatischen Verletzung immer neue Wendungen abzugewinnen. „The Salesman“ stellt die Frage, was geschieht, wenn die Fundamente von Moral und Religion sich auflösen und soziales Vertrauen verlorengegangen ist.

Film-Credits: Iran, Frankreich 2016 - Produzent: Memento Films Production, Asghar Farhadi Production, Alexandre Mallet-Guy, Asghar Farhadi - Regie: Asghar Farhadi - Drehbuch: Asghar Farhadi - Kamera: Hossein Jafarian - Schnitt: Hayedeh Safiyari - Musik: Sattar Oraki - Darsteller: Shabab Hosseini (Emad), Taraneh Alidoosti (Rana), Babak Karimi (Babak) u.a. - Format: DCP, Farbe 125 Min. - Verleih: Prokino Filmverleih GmbH Widenmayerstraße 38, München Tel.: 089 210 114-0, Fax: 089 210 114-11, info@prokino.de, http: //www.prokino.de - Preise: Bestes Drehbuch und Bester Hauptdarsteller, Cannes 2016 - Kinostart: 2. Februar 2017  

Film des Monats Januar

Verleih: Universal Pictures International Germany GmbH

Manchester by the See

137 Minuten

Schnee schaufeln, Müll entsorgen, verstopfte Toiletten reinigen:  Lee Chandler führt ein tristes, demütigendes Leben als Hausmeister in einer Stadt südlich von Boston. Er ist Single, seine Wohnung eine notdürftig möblierte, düstere Absteige. In Lees Seele sieht es ähnlich desolat aus. Der Mann wirkt in sich gekehrt , aber ein falsches Wort, ein falscher Blick können bei ihm unkontrollierbare Wut auslösen. Als sein herzkranker, geschiedener Bruder stirbt, muss Lee in seine Heimatgemeinde Manchester-by-the-Sea zurückkehren - er wurde zum Vormund seines Neffen bestellt. Während er zögernd den Nachlass ordnet und die Zukunft des 15-jährigen Patrick plant, steigen Erinnerungen in ihm auf:  an bessere Tage, vor allem aber an ein schreckliches Unglück. Nach einem von Bier und Koks befeuerten Abend mit Freunden im eigenen Hobbykeller hat Lee fahrlässig ein Feuer verursacht, in dem seine drei Kinder gestorben sind; seine Ehe ist daran zerbrochen.
Mit ein bisschen Glück wäre in dieser Nacht vielleicht nichts passiert, und der von Kenneth Lonergan geschriebene und gedrehte Film hütet sich, seinen Protagonisten als Schuldigen zu brandmarken. Mit unerschütterlicher Empathie folgt die Kamera dem in Verzweiflung erstarrten Helden bei seinen Besorgungen und Gängen durch das winterliche, kleinbürgerliche Manchester. Der Film ist nicht hoffnungslos; feinfühlig und geduldig registriert er Grade der Trauer und Verlorenheit – in den alltagsnahen, aber pointierten Dialogen, in der Art, wie die Menschen sich in ihren Häusern einrichten. Das soziale Netz funktioniert hier noch, man hilft einander; Lee und sein Neffe kriechen durch Streit und Missverständnisse zentimeterweise aufeinander zu, und Lees Frau ist zur Vergebung fähig. Sich selbst vergeben wird Lee indes nicht, er wird auch in Manchester keine Heimat mehr finden. Selten hat ein Film so umsichtig und anrührend diese bittere Tatsache des Lebens beschrieben: Es gibt Erfahrungen, die sich nicht wegtherapieren, und Geschehnisse, die sich nicht wiedergutmachen lassen.

Film-Credits: USA 2016 - Produzent: Matt Damon, Kimberley Steward, Chris Moore, Lauren Beck, Kevin J. Walsh - Regie: Kenneth Lonergan - Drehbuch: Kenneth Lonergan - Kamera: Jody Lee Lipes - Schnitt: Jennifer Lame - Musik: Lesley Barber - Darsteller: Casey Affleck (Lee), Michelle Williams (Randi), Kyle Chandler (Joe), Licas Hedges (Patrick), Gretchen Mol (Elise), C. J. Wilson (George) u.a. - Format: DCP, Farbe 137 Min. - Verleih: Universal Pictures International Germany GmbH, Postfach 710848, 60498 Frankfurt/Main, Tel.: +49 069 222 821 0, Fax:  +49 069 666 65 09, info@universal-pictures-international-germany.de, http: //www.universal-pictures.de/ - FSK: ab 12 - Kinostart: 19. Januar 2017  

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